Vom Albernhaus zum Rettenberg

Christine Sollerer-Schnaiter

von Christine Sollerer-Schnaiter

Story

Schaurige Geschichten werden erzählt vom Albernhaus, einem der ältesten Häuser in Kolsass. Die alte Fassade wurde saniert und dahinter neue Wohnungen gebaut. ‘Leute schlafen schlecht, man höre Stimmen, es ist, als ob jemand im Raum wäre’. Mag es Einbildung, Aberglaube oder übersinnliche Sensibilität sein, Tatsache ist, dass in diesem Gebäude im Mittelalter die Gerichtsbarkeit ausgeübt wurde. Vom Keller führe ein unterirdischer Gang zur Burgruine Rettenberg auf den Kolsassberg, flüstert man. Die ältere Generation weiß von Spielen in solchen Gängen zu berichten.

Die Burg Alt-Rettenberg wurde im Jahre 1492 an Florian Waldauf von Waldenstein übergeben als Geschenk für seine Verdienste um Kaiser Maximilian. Er schleifte die baufällige Burg und errichtete Neu-Rettenberg, deren Ruine neben der Straße zum Kolsassberg beeindruckt.

Da Florian Waldaufs Nachfahre, sein ältester Sohn Johann, ohne Kinder verstarb, kam die Anlage bald in neue Hände, darunter auch Oswald von Wolkenstein (1528). Die Gerichtsbarkeit wurde durch bestellte Richter ausgeübt, bis das Gericht Rettenberg im Jahre 1825 durch den Staat übernommen und mit dem Landgericht Hall vereinigt wurde.

Um 1800 wurden alle eisernen Fenstergitter, die Eisentüren und Balken herausgerissen, das hohe Dach und die Stiegen für einen Kirchenbau abgebaut. Die Reste der Schlossruine mit den angrenzenden Feldern wurden schließlich dem schon viele Jahre auf dem Schlosshof als Bestandsmann ansässigen Cassian Schweiger verkauft. Diese Familie ist auch heute noch im Besitz der Anlage.

Im Schlosshof finden manchmal Feste statt, Platzkonzerte und Feldmessen. Es ist ein ganz besonderes Ambiente und die Familie Schweiger sind freundliche Gastgeber.

Über Florian Waldauf gibt es viel zu erzählen. Viele Geschichten ranken sich um seine Herkunft und seinen interessanten Werdegang. Mein Traum ist, ein Theaterstück zu schreiben und in der Burganlage aufzuführen. Die geschichtlichen Fakten kann man nachlesen. Hall hat im Maximilian-Jahr 2019 eine umfassende Ausstellung seiner Reliquiensammlung präsentiert und es gibt eine Bruderschaft, die Haller Stubengesellschaft, die auf Florian Waldauf zurückgeht und bis heute besteht.

Das Buch ‘Ritter Florian Waldauf’ von Fanny Wibmer-Pedit vermischt Geschichte und Fiktion und vermittelt sowohl ein fantasievolles Bild des Bauernbuben aus Osttirol als auch Einblicke in das damalige Leben und die Vorstellungen der Welt. Davongelaufen soll er sein, weil er als aufgeweckter Bub folgenschwere Streiche spielte und sich vor der Strafe des Vaters fürchtete. Ein Adeliger habe ihn aufgelesen und an Sohnes statt eine gute Erziehung angedeihen lassen. Er wurde Schreiber in der Hofkanzlei Erzherzog Sigmunds in Innsbruck und später Gefolgsmann und Freund Maximilians, des späteren Kaisers.

Weitere Kapitel seines Lebens, wie die Seenot auf der Zuidersee beruhen auf Tatsachen, lesen sich aber wie ein spannender Roman.

© Christine Sollerer-Schnaiter 2021-10-01