Vom Allein-und Einsamsein (Teil2)

JohnDuke

von JohnDuke

Story

Bis mir das Wirrwarr aus Verdrängungsoptionen unerträglich wird und ich mich zur Distanz entschließe: eine neue Normalität muss her. Ich nehme Deckweiß und übermale die Farborgie oder benutze gleich ein komplett neues Blatt. Ruhe kehrt ein. Ich und die Stadt haben mich mit Ruhe überrascht. Ruhe in der Stadt ist zwar keine notwendige, doch definitiv eine hinreichende Bedingung für innere Ruhe. Oder? Wenn die Stadt ruhig ist, dann bin auch ich ruhig. Wenn ich nicht ruhig bin, dann ist auch die Stadt nicht ruhig. Falsch: die Stadt kann auch unruhig und ich ruhig sein. Die Kontraposition zwingt mich den letzten Schluss zu verwerfen. Die Wahrscheinlichkeit überwiegt hier wohl die Logik. Emotion ist nicht rational. Der Mensch ist nicht formal bestimmbar. Wenn die Stadt in Ruhe schläft, wenn ich gar auf dem Land, im Wald, am Fluss, am See bin, völlig abgeschnitten vom Getose der Stadt, dem Lärm und dem Elektrosmog bin – dann fühle ich mich ruhiger. Ich fühle mich geborgen. Nicht einsam, aber allein. Allein und in Ruhe. Ich muss mich dann nicht darum bemühen, ein neues Gemälde zu malen, den Hintergrund zu ändern, dem Lärm zu entfliehen, mir selbst zu entfliehen. Denn es gibt einfach nichts vor dem es zu fliehen gibt. Dann merke ich: Ich bin durch mich bei mir, mit mir allein und allein glücklich.

Doch woher kommt dann die Einsamkeit? Ist sie überhaupt da, nur weil ich es mich frage? Allein bin ich oft, so viel steht fest. Auf dem Land ebenso wie in der Stadt. Nur ist in der Stadt das Getose, das Getümmel, die Stimmen, die Unruhe. Ein zum Hintergrund entrücktes, mittlerweile fast normales Störgeräusch. Die Verdrängung kommt über das Alleinsein. Ich entfalte sie immer wieder neu und versuche zu fliehen in dem Ich mich der Stadt anpasse: Chaos. In wüster Arbeit erschaffe ich das schon so oft angesprochene expressionistische Gemälde. Gemälde sind keineswegs immer schön und dieses hier gewiss nicht. Irgendwann wird das Wirrwarr aus Farben zu penetrant, der Lärm vernebelt meine Gedanken und trügt mein Sichtfeld, als hätte das Hören mit dem Sehen zu tun — die Anormalität ist da und ich fühle mich zur Distanz gedrängt. Dann merke ich: Ich bin durch die Verdrängung nicht bei mir, mit mir allein und nicht wirklich glücklich. Ich bin in der Stadt nicht bei mir, (nicht und) mit mir allein, und nicht wirklich glücklich; ich bin einsam.

© JohnDuke 2021-05-15

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