Vom Glück, einen Baum zu pflanzen

Christine Amon

von Christine Amon

Story
St. Leonhard am Forst 1990 – 2025

„Herr P. ist gestorben“. Mein Mann studiert die Todesanzeigen auf seinem Smartphone. „Was, der war doch erst vor ein paar Wochen da um Bäume“, bin ich erstaunt. Grundsätzlich scheint es so zu sein, dass das Setzen von Forstpflanzen eine Tätigkeit ist, die man bis zuletzt ausführt. Wenn den Leuten die Pflanzung selbst zu mühsam ist, holen sie die Pflanzen zumindest von unserem Forstgarten und bringen sie den Jungen. Denen ist damit schon geholfen, denn auf einem Bauernhof gibt es immer viel Arbeit.

„Kannst du einmal nachschauen, wie viel Bäume ich vergangenen Herbst und dieses Frühjahr schon geholt habe? Die habe ich dieses Mal ganz alleine gepflanzt!“. Die Kundin ist klein und zierlich und zurecht stolz auf ihre Leistung. Ich rechne nach, es waren an die 1000 Bäumchen, die sie geholt und gesetzt hat. „Ich habe den schönsten Arbeitsplatz der Welt“, fügt sie strahlend hinzu.

„Ich brauche unbedingt diese Woche noch meine Bäume, weil dann muss ich ins Krankenhaus. Ich bekomme ein neues Kniegelenk“. Aber vorher müssen noch Eichen und Ahorn gesetzt werden, wer würde diese Arbeit denn sonst erledigen? Mein Mann und ich bemühen uns nach Möglichkeit, alle Wünsche zu erfüllen. Vom Wald in das Krankenhaus, dann aber bitte ein Weilchen schonen, das hoffe ich jedenfalls.

„Bub, was willst du einmal umschneiden? Was sollen wir setzen?“ Der Angesprochene ist fünf Jahre alt, sein Vater hat ihn mitgenommen zum Abholen der Pflanzen. Das ist 20 Jahre her. Diese Woche waren die beiden wieder da. Der Junge hat inzwischen selber eine Familie und ist ein tüchtiger Landwirt geworden.

Von vielen Kunden unserer Anfangszeit kommen inzwischen die erwachsenen Kinder. Ich denke, dass es nicht leicht ist, wenn Jung und Alt zusammen wohnen und arbeiten. Zum Glück haben sich die meisten vorher schon abgesprochen, ob sie Fichten, Lärchen oder Tannen haben wollen und fangen nicht bei uns zu streiten an.

Einmal, als manche noch grundsätzlich Fichten pflanzten, kaufte ein Mann immer die kleinsten. Eines Tages kam seine Frau mit und sagte ganz empört: „Die haben ja große Fichten auch! Warum kaufst du denn immer nur die kleinen?!“

Es ist schön, an Leute zu verkaufen, die gerne in den Wald gehen und Bäumchen setzen. „Am schönsten ist es im Jahr darauf, wenn alles austreibt“. Aber ich verstehe auch, wenn manche Waldbesitzer nur die Anstrengung sehen. Viele gehen am Sonntag in den Wald, weil sie unter der Woche keine Zeit haben. Ich finde es schade, wenn man seine Arbeit nicht gerne macht. Aber an keinem Arbeitsplatz der Welt hat man nur Arbeiten, die Spaß machen.

Schön ist es immer, wenn man Erfolge sieht. „Gib mir etwas „KimmundWox“ dazu“, verlangen manche. Das tue ich gerne. Mögen alle gekauften Bäumchen wachsen und gedeihen!

© Christine Amon 2025-04-06

Genres
Biografien
Stimmung
Informativ