Vom Hardrocker zum Juristen

Die folgende Story hat es nicht mehr in mein neues Buch „Gib dem Juristen Zucker“ geschafft, ist somit eine Bonusgeschichte für euch. Viel Spaß beim Lesen!

Grundsätzlich konntest du dir als Rechtspraktikant die Zuteilung zu einem gewissen Richter oder einer gewissen Abteilung nicht aussuchen. Nur eines schien fix: Zwei Monate Strafgericht.

Was lernte ich als Erstes vor Gericht: Nix is fix.

Im Nachhinein ist es mir schleierhaft, wie zwei gefinkelte, männliche Kollegen der strafgerichtlichen Einberufung entkommen konnten. Lustigerweise kann ich mich auch nicht daran erinnern, dass uns diese beiden raffinierten Geschöpfe jemals beim Amtstag mit ihrer Anwesenheit beehrt hätten. Ziemlich hinterlistig und durchtrieben die beiden. Die besten Voraussetzungen für eine steile Juristenkarriere.

Einen der beiden kannte ich von früher. Vom Fortgehen. Damals trug er noch eine lange „Mattn“ (lange Haare), die seine Visage wie ein Vorhang verdeckte, sodass vom Gesichterl nicht viel zu erkennen war. Seine schwarzen, ausgeleierten Klamotten passten hervorragend zum Hard Rock und Heavy Metal Musikgeschmack.

Kurz vor dem Gerichtsjahr unterzog sich besagter, junger Mann einer Generalüberholung. Die „Mattn“ musste einem adretten Kurzhaarschnitt weichen. Schwarze T-Shirts, Jeans und Lederjacken wurden durch piekfeine Hemden und Anzüge ersetzt. Die Cowboy-Boots und Western-Stiefel landeten im Keller. Fortan marschierte Herr Magister juris mit schwarz poliertem Schuhwerk durch die kahlen, langen Gerichtsgänge. Abgerundet wurde das Ganze durch eine Intelligenzprothese (auch Brille genannt), die eine gewisse Seriosität ausstrahlen sollte.

Die Wandlungsfähigkeit vom Jusstudenten zum Juristen war mitunter beeindruckend. Chamäleon nix dagegen.

Schade eigentlich. Ein Rechtsanwalt oder Richter mit langer Mattn, Hardrock-Shirt und Lederkluft würde sicherlich ein wenig Abwechslung in den grauen, geschraubten Juristenalltag bringen …