Vom Himmel gefallen

Gisela Kratky

von Gisela Kratky

Story

Es ist Mittagszeit und emsige Geschäftigkeit in meiner kleinen Wiener Küche. Gleich werden meine Kinder kommen und ihre täglichen Geschichten aus dem Schulalltag zum Besten geben! Während ich den Tisch decke, geht die Tür auf und meine 8-jährige Tochter behält diesmal den Mantel an, die Hände tief in den Taschen vergraben. Ich blicke sie erstaunt an, da gibt es sicher eine Neuigkeit. Normalerweise wird geschwind ausgezogen, um recht bald den Hunger zu stillen. Da streckt sie auch schon die rechte Hand zu mir hin und öffnet sie vorsichtig:“ Was ist damit?“,frage ich ungläubig, den schwarzen Stein betrachtend. Sogleich beginnt sie begeistert zu erzählen:

„Du wirst es kaum glauben, aber als ich heute Morgen in die Schule ging, sah ich plötzlich ein grell buntes Licht vom Himmel fallen und in der Wiese landen. Ich wollte sehen, was das war, bin zu der Stelle gerannt und hab vorsichtig zum Suchen begonnen. Da lag plötzlich ein kohlschwarzer Stein im Gras. Doch als ich ihn aufheben wollte, war er glühend heiß. Sofort hab ich ihn fallenlassen, mir aber die Stelle gemerkt. Schnell bin ich dann in die Schule gelaufen. Immer wieder hab ich an den Himmelsstein gedacht, so bin ich nach der Schule gleich wieder zu dem Steinplatz gegangen. Da lag er wirklich noch, freute ich mich, und steckte den Stein vorsichtig ein. Mama, schau, er ist nicht schwer, jetzt ist er schwarz, aber er hat ganz grell geleuchtet in vielen Farben!“ Da war doch etwas von einem Meteoriten in den Nachrichten, erinnere ich mich plötzlich. Sollte, ja sollte Margit so ein Stückchen begegnet sein? Ich setze mich verblüfft nieder, schaue meine Tochter an, die nun endlich auch den Mantel auszieht.

In den gerade gehörten Nachrichten wurde um Beobachtungsmitteilungen eines Meteoriten gebeten, fällt mir dazu weiter ein. Auch unser Sohn ist mittlerweile gekommen und bestaunt den so besonderen Stein, den seine Schwester gefunden hat. Wir rufen die Nachrichtenzentrale an und melden unseren Fund. Es kommt schon kurz darauf ein Team der Tagezeitung, macht Fotos und nimmt den Stein zur genaueren Untersuchung mit. Wir sind erfüllt vom Erlebten.

Am nächsten Morgen erscheint die Geschichte in der Tageszeitung mit einem Bild unserer Margit. Sie zeigt voller Stolz auf ihren Steinfund. Mit großer Aufregung lesen wir den ausführlichen Bericht.

Im Zuge der wissenschaftlichen Untersuchung durch das Naturhistorische Museum konnte der Fund jedoch nicht als Meteorit identifiziert werden. Aber für uns war und bleibt er ein wunderbarer, unvergessener Glücksstein.

© Gisela Kratky 2021-03-16