Vom Mäderl mit dem Knöderl

Mary Modl

von Mary Modl

Story

Wahrlich eine haarige Angelegenheit das mit meinen Haaren. Dabei hatte ich genetisch bedingt vonseiten meiner Mutter die besten Voraussetzungen ein Viel- und Gsundhaartyp zu sein. Ich war auch ein solcher; allerdings nur die ersten zwölf Jahre meines Lebens, denn dann musste ich „Haare lassen“. Beim Gedanken daran stehen mir heute noch die restlichen Verbliebenen zu Berge …

„Du hast die Haare schön“ war die Devise meiner Großmutter, die sie eher zu „Du musst die Haare schön haben“ umfunktionierte. Die Omi entstammte noch jener Generation, die viel Wert auf den Unterschied zwischen „Haaren“ und „Haar“ legte. Das einzahlmäßig gebrauchte Haar – ähnlich dem in der Suppm – stand für den Kopfwuchs, während die Pluralanwendung „Haare“ den Schambereich und Achselwuchs bezeichnete. Zurückkommend zur Omi sei erwähnt, dass ich ihr den Namen „Das Mäderl mit dem Knöderl“ verdanke, da sie mir meine schönen, fülligen, langen Haare um einem dicken Haargummi wickelte, wodurch eine Art Haarknödel entstand. Dabei wurde das Haar ganz streng zusammengefasst, was beinahe schmerzend spannte. Aber ich hatte die Haare schön; zumindest in den Augen der kleinen Elisabeth, die mir die Knöderlmäderlbezeichnung verpasste. Gleich nach der Erstkommunion wurde das Haar auf Kinnlänge gekürzt.

Ich war 13 als mir die Haare büschelweise ausfielen. Zahlreiche Ärzte und Spezialisten wurden konsultiert. Fazit: „Haarwurzelentzündung“ – höchstwahrscheinlich resultierend aus der Knöderlaera, in der das Haar überbeansprucht worden war. Ich machte den Piratenlook an meiner Hauptschule modern; einige Mitschülerinnen kopierten meine lustigen Kopftücher, die mir die liebe Frau Schramm aus poppigen Stoffmustern nähte. So ward aus der Not gleich eine Tugend gemacht.

Mit 16 griff ich – das Haar hatte sich einigermaßen erholt – gar selbst zur Schere und fitzkerte die mittlerweile beinahe schulterlange Haarpracht auf zwei Zentimeter ab, um dieser sogleich ein heftiges Blauschwarz zu verpassen. Mit zerrissener Jeans und Parka flitze ich auf meiner Vespa gute zwei Jahre kurzgeschoren durchs Leben. Einige Versuche mir mein Haar dann doch noch wachsen lassen zu können, scheiterten kläglich durch wiederholten Teilverlust selbiger.

Die nächste haarige Challenge offenbarte sich mir Endvierzigerin, als ich in die wahrlich „heißeste Phase“ meines Lebens trat. Östrogen und Progesteron ließen mich einfach im Stich. „Je kürzer das Haar, desto dichter wird’s wieder werden“ versprach mir die Frisörin meines Vertrauens; und sie behielt Recht.

Jetzt kann ich sagen, habe ich meinen Frieden mit ihnen, meinen Haaren, gefunden. Ich kann wieder ein gutes solches an ihnen lassen und gebe mich förmlich mit Haut und Haar dem Reifeprozess hin, ohne mit mir selbst in den Haaren zu liegen! Das Mäderl mit dem Knöderl ist schon lange Zeit Geschichte. Und manchmal frage ich mich, ob ich dieses auch innerlich wirklich jemals war. Tendiere eher zu einem ehrlichen Nein😉

© Mary Modl 2022-01-26

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