von Helga M. Stadler
In einem sehr, sehr schwachen Moment, ihr wisst schon, Frust über die raufgefutterten Corona-Kilos und die nicht zu findenden gut sitzenden Jeans – bin ja auch schon über 50 – hat sich schließlich mein Über-Ich durchgesetzt und ich mich von ihm überreden lassen, endlich etwas für meine Gesundheit und Figura zu tun. Ehrlich gesagt, im Laufe der Jahre, speziell im Sommer, hatte ich schon des Öfteren solch einen Selbst-Optimierungs-Anflug, und es danach jedes Mal zutiefst bereut … Nicht die gewünschten Kilos sind gepurzelt, sondern nur meine gute Laune …
Aber schuld ist dieses easy online bestellen, paar Klicks, Säfte nach Farben und Geschmack, Suppen, Snacks, Wochentage, Dauer auswählen … kurz glüht die Kreditkarte – Shit, wie teuer ist Nicht-Essen – und schon ist alles geordert und ich startklar …
Ach ja, ich spreche vom Allheilmittel DETOX! Jawohl, ich starte eine fünftägige Detox-Kur! Die Werbung, alle Frauenzeitschriften und einige Ernährungsberater schwören drauf – also eine typische Entschlackungskur auf rein basischer Kost, die den Körper (Niere, Leber) von Giften und Schlacken befreien soll. Danach, vorausgesetzt man hat überlebt, soll die Haut strahlen, der berühmte Glow-Faktor, und mit Energie und Tatendrang vollgepumpt sein. Und auch bei Schlaf- und Stoffwechselstörungen und Darmproblemen soll dieses Fasten hilfreich sein … Gut, kann ich alles gebrauchen, ich nehme die volle Ladung!
Fast freue ich mich drauf. Heute soll es also losgehen. Die nächsten Tage somit keinen Kaffee, Süßes, Alkohol, Zigaretten oder Zigarren … und natürlich nichts Wirkliches zum Kauen. Die Empfehlung, körperliche Anstrengung oder hohe Belastung zu vermeiden – no Problem, mach ich sonst auch! Auf Bittersalz-Ekel und einen Darmeinlauf darf ich, im Gegensatz zu klassischen Fastenkuren, verzichten … danke, immerhin ….
TAG 1: Es ist Punkt Zwölf … und das Paket – die Säfte werden täglich frisch zubereitet – ist noch immer nicht da. Außer einem Tee in der Früh nichts im Magen oder in der Blutlaufbahn. Tochterkind gerade angeschnauzt. Vorsichtshalber flüchtet sie zu einer Freundin, um sich erstmals selbst an Mochis heranzuwagen. Dieses kleine Biest, jetzt zahlt sie mir jedes Verbot und Nein der letzten Jahre heim! Sie weiß doch genau, dass ich diese kleinen, runden japanischen Reisküchlein so liebe. Am köstlichsten sind die mit Füllungen aus Erdnussbutter, Erdbeerstücken oder süßer Bohnenpaste. Oder mit Matcha gefärbt … auch so ein Health-Trend, im Moment wird ja alles, wirklich alles, mit diesem grünen Teepulver geschmacklich verfeinert!
Stopp – Themenverfehlung – ich faste die nächsten fünf Tage!
Das Fasten-Paket kommt zu spät, weil der UPS-Bote unsere Hausnummer nicht lesen kann oder will. Was mach ich jetzt mit den Säften Nummer 1, 2 und 3, die für den Vormittag gedacht sind, es ist ja schon später Nachmittag? Mutlosigkeit macht sich breit …. Irgendeine höhere Macht will verhindern, dass ich schlanker werde und glowe ….
© Helga M. Stadler 2020-08-18