Von Nattick (Massachusetts) bis Tel Aviv

Karin Sieder

von Karin Sieder

Story

Zum Vermieten von Wohnungen/Häusern sind wir durch langes Überlegen und etwas Zufall gekommen. Mein Mann spielte schon lange mit dem Gedanken, ein Haus, eine Wohnung zu vermieten. Als dann in unserem Ort eine ältere Dame verstarb und die Neffen und Nichten kein Interesse an dem alten Haus zeigten, packte mein Mann die Gelegenheit beim Schopf. Den Kaufpreis konnten wir mit Ach und Krach zusammenkratzen und dann ging die Gaudi erst richtig los. Erbaut 1938. Mit minimalsten Mitteln. Im Eigenpfusch. Jeder eingeladene Experte riet uns zum sofortigen Abbruch. Da die Dame jedoch einige Jahre davor das Dach generalsaniert hatte, scheuten wir uns vor dem Schritt. Der Abbruch hätte tausende Euros verschlungen und wir wären wieder vor dem Nichts gestanden. Also kauften wir stattdessen einen Minibagger (in diesem Fall wirklich mit den letzten aufzutreibenden Euros) und begannen mit der Generalsanierung. Alle Fußböden raus. Jedes Futzelchen Verputz runter (weil die Wände nass waren, fiel dieser fast von selbst ab…). Platten gegen das aufsteigende Wasser einschießen. Neu einschottern. Alles betonieren – wer braucht schon Diäten, wenn man eine Baustelle hat … Die Nachbarn kamen laufend, schüttelten den Kopf und beschwörten, dass der Erfolg eher bescheiden werden würde.

So werkelten wir fast zwei Jahre für uns selbst dahin. Manchmal selbst nicht so recht vom Erfolg überzeugt. Die Baumaterialien wurden von Abverkäufen, Willhaben oder Geschäftsauflösungen billigst zusammengetragen. Und dann war es so weit. Im Juli vor zwei Jahren konnte ich das Haus auf einer Onlineplattform bewerben. Keine Woche später hatten wir eine Buchung. Das war das Highlight des Jahres! Wir verdienten die ersten 99 Euro mit der Vermietung des Hauses. Niemand hatte sich vorstellen können, warum jemand in unserem Kaff Urlaub machen wollte. Weder mein Mann noch ich hatten erahnen können, welche Lawine daraufhin auf uns zukommen würde. Das Haus ist ein Selbstläufer. Die Nähe zur Autobahn beschert uns sehr viele Arbeitergruppen, die Nähe zur Wachau viele Urlauber. Und es macht mir immer Spaß. Ich genieße die Unterhaltungen mit den Gästen, wundere mich über so manche Eigenart und erfahre so manches Neues. Mein verschüttetes Französisch wurde neu ausgegraben und ich kann mich mittlerweile auch einigermaßen damit verständigen. Englisch fällt mir dennoch viel leichter. Was meinen Mann in absolute Schwierigkeiten bringt, da er dann kein Wort versteht (da er nie Englisch gelernt hat) und auf meine Übersetzung angewiesen ist.

Gleich zu Beginn habe ich mir dann eine Europakarte gekauft und wollte mir mit Pinnnadeln anzeichnen, woher unsere Gäste stammen. Es dauerte einige Tage, bis diese auf eine Sperrholzplatte geleimt und bereit für den Einsatz war. An diesem Morgen erhielt ich die erste Buchung aus Übersee…

© Karin Sieder 2022-10-28

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