Von Obdachlosigkeit bedroht

Agnes Bernhart

von Agnes Bernhart

Story

Ich war bei meinen Kindern zu Besuch, nun eile ich durch meine Gasse nach Hause. Es ist finster und ich versuche keine negativen Gedanken wegen allein unterwegs aufkommen zu lassen.Da läuft mir, in der Mitte der Gasse, seelenruhig mein Fuchs entgegen, biegt ab, um-den Blick auf mich gerichtet, hinter den geparkten Autos weiter zu schnüren. Mein Fuchs ist er deswegen, weil wir uns schon eine Weile kennen. Das erste Mal begegneten wir einander am helllichten Tag, in der engen Kurve meiner Gasse, da hätte ich ihn beinahe mit dem Auto überfahren. Nun konnte ich mir erklären, warum meine Zucchini im Mistbeet an der Spitze so richtig zackig abgebißen waren.Ich wohne nicht allein in meinem Haus im Donaufeld. Am Dachboden tobt gelegentlich eine Marderfamilie, welche auch das Katzenfutter frisst, welche ich in den Hof stelle. Im Winter gönne ich den Tieren den warmen Platz, im Sommer könnten sie von mir aus ausziehen. Leider will das Gesindel das nicht tun, trotz eines Gerätes, welches für ihr feines Gehör lästig ist. Ich denke jedoch, man sollte als Christenmensch nicht so kleinlich sein und allen Raum für sich beanspruchen wollen.Abends, auf der Terrasse lesend, besuchen mich Igel in allen möglichen Größen, da freue ich mich, denn sitze ich ruhig, kommen sie bis zu meinen nackten Zehen und schnaufen und grunzen gemütlich. Ihretwegen plage ich mich händisch mit dem Unkraut, denn ich möchte nicht, dass einer von ihnen zu Schaden kommt.Die Schnecken jubeln mit herausgestülpten Augen über diese Freiheit, schließlich haben sie den Nutzen davon.Es fallen mir die grün gescheckten Kröten ein, welche in meinem Garten in ihren kleinen Höhlen hausen. Diese dummen Kerle setzen sich im Herbst unter meinen Biokübel und hoffen hier überwintern zu können. So ein Kübel ist meist schwer gefüllt, ich wuchte ihn zum Eingang und das Krötlein kommt unter die Räder. Schade um jedes Einzelne! Immerhin soll die Wechselkröte, grün gescheckt, nur im Raum Donaufeld häufig vorkommen. Fasane sehe ich öfter, sie wohnen in den verwilderten Feldern hinter unserer Siedlung.Im Sommer ist es in der Nacht oft richtig laut, erst im Herbst verschwindet das Zirpen in vielen Tonlagen. Wo sind da nur die Zirpen, Quaker und Sänger? In meinem Komposthaufen in der Winterstarre die Blindschleiche, sicher die vielen Engerlinge der Maikäfer, welche ich wirklich nicht brauche, die Schneckeneier und Asseln, schlafen gemütlich dem neuen Frühling entgegen.Ich wohne hier in Wien – Floridsdorf im Donaufeld wie am Land, nicht wie in einer fast 2 000,000 Einwohnern zählenden Großstadt. Früher war bekam Wien aus dem Donaufeld Gemüse, viele Gärtner hatten sich auf dem guten Schwemmland der Donau angesiedelt.Sie sind schon lange an den Stadtrand gezogen, die Felder liegen brach, ein neuer Stadtteil mit hunderten Wohnungen wird hier entstehen.Wohin werden dann wohl alle die Fasane, Marder und auch der Fuchs übersiedeln, wenn das Donaufeld verbaut werden wird?

© Agnes Bernhart 2021-03-13

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