von Oskar G. Weinig
In Deutschland unterstützte ich einen Studenten aus Benin, während seines Studiums in Deutschland. Im März zweitausendfünf besuchte ich ihn in seinem Heimatort Dassa Zoumè. Mit der Air France flog ich vom Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle nach Cotonou, denHauptortim westafrikanischenBenin. Der Flug verlief problemlos, jedoch am Flughafen Cadjehounkontrollierten Ärzte die Impfausweise der Passagiere. Hatte ein Passagier keine Gelbfieberimpfung stellten sie ihn vor die Wahl, entweder sofort vor Ort impfen zu lassen oder die wartende Maschine für den Rückflug zu nehmen. Ich konnte einreisen, ich hatte meine Impfung. Der Student holte mich am Flughafen ab.
In Dassa Zoumè angekommen bekam ich eine Ziege geschenkt. Sogleich band es die Gastfamilie an einen Pfahl im Hof. Jeden Tag musste ich an dem treuherzig blickenden Ziege vorbei. Einige Tage später beim Familienfest lag die Ziege gebraten auf den Tisch. Erinnert an dessen treuherzigen Blick, konnte ich keinen Bissen davon essen.
In Benin hat die alte Religion Voodoo einen eigenen Feiertag. Während meines Aufenthaltes feierten sie in Dassa Zoumè mit Umzüge ihr Voodoofest. Mit den damit verbunden Rituale erschreckten mich im ersten Moment. Als Gast durfte ich bei den Honoratioren das Spektakel verfolgen.
Im Verlauf meiner Reise durfte ich mehrmals an Voodoo-Ritualen teilnehmen. Voodoo ist eine spirituelle Kraft, die es den Menschen möglichen soll, in Frieden und Harmonie zu leben. Ein männlicherVoodoo-Priester vollzog die Rituale und befasste sich mit weißer friedfertigen Magie im Rahmen des Ahnenkultes.
Zur Opferung wurde ein Huhn rituelle getötet. Hierzu kniete ein Knabe vor dem Voodoo-Priester, bekam zwischen den Zähnen ein Geldstück und das Huhn lag rücklinks, mit beiden Händen festgehalten, auf seinem Kopf. Mit viel Gemurmel und wedeln mit einem Fetisch sollte das Huhn getötet werden. Schnell lag es leblos auf dem Kopf des Jungen, doch sobald von außen Lärm in die Hütte drang, schreckte das Huhn auf. Nichtsdestoweniger nach einer halben Stunde war es tot. Auf offenen Feuer gegart, verspeisten die Handelnden das Huhn.
Bei einem weiteren Ritual schlachtete der Voodoo-Priester wieder ein Huhn und fing das Blut in einer Schale auf. In einem oben und unten offenen Tongefäß sollte das Huhn gegart werden. Während eine Hilfsperson das Huhn zerkleinerte, vermischte der Voodoo-Priester das Blut mit Kräutern und Ölen. Danach goß er dieses Gebräu auf einem Leinentuch. Dieses befestigte er wiederum am unteren Ende des Gefäßes, danach schichte er noch Kräuter und Gewürze auf den Topfboden und legte das Huhn in das Gefäß. Den so präparierten Topf stellte er nunmehr auf eine offene Feuerstelle. Verwundert nahm ich zur Kenntnis, dass das Leinentuch sich direkt über dem Feuer befand. Ich weiß bis heute nicht, welche chemische Reaktion die Kräutermischung auslöste, damit das Leinentuch nicht brannte. Jedenfalls nach vierzig Minuten war das Huhn gegart.
© Oskar G. Weinig 2021-03-13