Vorarlberger Dating-GÂŽschichten ( II / V )

Anatolie

von Anatolie

Story

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Ich erfuhr die herzergreifende Geschichte ĂŒber seine Freundin, die ein Jahr zuvor bei einem Motorrad-UnglĂŒck ums Leben kam. Mal schrieb er, dann schrieb er wieder nicht. Was meine GeduldsfĂ€den immens strapazierte, er hielt sich selten an die Zeiten, in denen wir vereinbart hatten, wieder zu chatten. Er ließ mich immer wieder offline warten. Irgendwann schrieb er dann ĂŒberhaupt nicht mehr. Matthias hieß er. Und ihn kriegte ich einfach nicht mehr aus dem Kopf.

Ich hatte mich schon so auf einen Ausflug nach Dornbirn gefreut. Einfach zu Hause bleiben und mich in meiner freien Woche langweilen? Nichts da! So kam ich zu der Idee mit dieser Annonce, die ich, jetzt grob zusammengefasst, ungefĂ€hr so aufsetzte: „Single, weiblich, Mitte/Ende 30, plane einen Urlaub im Raum Vorarlberg und wĂŒrde mich ĂŒber nette Gesellschaft freuen“. Auf meiner Mailbox flatterten so an die 30 „Angebote“ herein. Die HĂ€lfte der Interessenten landete umgehend in meinem Papierkorb. S*x konnte ich praktisch ĂŒberall finden. DafĂŒr musste ich nicht extra ins LĂ€ndle reisen! Am Ende blieben vier Kandidaten ĂŒbrig, diese wĂŒrde ich im Laufe meines Aufenthalts treffen. Ich hatte mit den Herren nur Mails ausgetauscht, aber keine Fotos. Das erhöhte die Vorfreude und die Spannung. Es war ein bisschen so wie Wichteln in der Vorweihnachtszeit. Wo man nicht weiß was im PĂ€ckchen drinnen ist und wer sein Absender.

Ingo war mein erstes Date. Er erwartete mich bei meiner Ankunft am Dornbirner Bahnhof. Seine Zeilen lasen sich angenehm und er hatte sich auch als „recht attraktiv“ hervorgehoben. Zu dritt waren sie da, er, ein guter Freund von ihm und dessen LebensgefĂ€hrtin. Ingo erfĂŒllte leider nicht die Erwartung einer „attraktiven Erscheinung“, jedenfalls nicht fĂŒr meinen Geschmack. Doch die Runde war voll lustig drauf und hieß mich sehr herzlich willkommen im Land der „rauen Xiberger“. Wir fuhren zu Ingo auf ein Tratscherl und ein Weinderl, und als seine Freunde sich spĂ€ter verabschiedeten, hatte ich so weit Vertrauen gefasst und blieb. Ein waschechter Junggeselle war er, dieser Ingo. In seiner Zimmer-KĂŒche Wohnung gab es einen gemĂŒtlichen Esstisch samt Sitzgarnitur, ein Schlafzimmer mit Schrank und schlichtem Einzelbett – und sonst nichts. Kein Kanapee, und er besaß auch keinen Fernseher. GroßzĂŒgig ĂŒberließ er mir fĂŒr die kommenden paar Tage sein Bett, wĂ€hrend er sich nĂ€chtens – am nackten Fußboden seiner KĂŒche – in eine dicke Decke rollte. Nein, sagte er, das mache ihm nichts aus. Der Arme schlief meinetwegen auf dem Flur – ich fĂŒhlte mich nicht glĂŒcklich dabei! Nie hat er den Versuch unternommen, mir zu nahe zu treten, und das rechne ich ihm hoch an. Ein sehr guter Koch war Ingo obendrein. Die Gerichte, die er auf den Tisch zauberte, zergingen mir förmlich auf der Zunge. Wir plauderten ĂŒber alles Mögliche, auch ĂŒber sehr private Themen. Wir kannten einander kaum. Da sprang auch kein Funke ĂŒber zwischen uns beiden. Aber er war mir wie ein echter Freund.

Fortsetzung folgt!

© Anatolie 2021-10-21

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