von Thomas Paar
Obwohl sich das neue Jahr erst im Schneckentempo, ja beinahe in Babyschritten fortbewegt, hat der Jänner bald seine Halbzeitpause erreicht. Prinzipiell hat das Jahr noch sehr viele Wochen und eine Menge Tage zu bieten. Trotzdem geht alles Schlag auf Schlag. Während sich mein Magen erst langsam ans normale Essen akklimatisiert, muss ich in den Schaufenstern bereits wieder den Anblick perfekt angezuckerter Krapfen erspähen. In sämtlichen Geschäften werden bereits fleißig Artikel zur Schau gestellt. Man mag jetzt der Annahme sein, dass ja erst vor drei Wochen Weihnachten war, aber still und heimlich wurde bereits die Faschingszeit eingeläutet. Ist ja auch verständlich, immerhin haben wir ja fast schon Mitte Jänner. Ich für meinen Teil, versuche gerade, die im Dezember komplett außer Kontrolle geratene Völlerei, wieder in dunkle Ecken zu verbannen. Dort müssen sie ausharren, bis es an der Zeit ist, sie erneut frei zu lassen. Generell versuche ich wieder in >>meinen Rhythmus<< reinzukommen. Denn aus diversen Gründen ist dieser in der Weihnachtszeit etwas aus den Fugen geraten. Mittlerweile bin ich aber wieder recht gut in der Spur. Die Übergangsphase von den letzten Tagen im alten Jahr und den ersten Tagen im neuen Jahr, habe ich früher immer spannend gefunden. Vor Jahren (eigentlich doch länger als ich mich selbst eingestehen will) war es beinahe Tradition, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und über etwaige Erwartungen/Pläne/Vorsätze fürs neue Jahr zu reden. Besonders die Vorsätze standen bei uns immer hoch im Kurs. Wenn wir zu Silvester gemeinsam am Tisch saßen, erzählte jeder über seine Vorsätze, die er gerne umsetzten will. Im Nachhinein denke ich mir, ob man dabei immer so ehrlich war? Vielleicht sagte man auch nur etwas, um einen guten Eindruck vor der Familie zu machen, im Wissen, dass man es sowieso niemals durchführen wird? Schwer zu sagen. Früher machte ich mir Vorsätze, die, wenn es gut ging, den Jänner überlebten. Dieser Tage sitze ich sehr arg zwischen zwei Stühlen. Bin im Zwiespalt mit mir selbst. Eigentlich versuche ich sämtliche Dinge immer von den positiven Seiten mit einem Hauch von Optimismus zu sehen. Doch wurden wir in den letzten Jahren sehr oft auf den Boden der bitteren Realität geholt. So frage ich mich in jenen Wochen um den Jahreswechsel, was besser ist? Hoffnungsloser, beinahe naiver Optimist oder doch nüchterner Realist zu sein? Und wie münze ich diesen Zwiespalt in meine Vorsätze um? Um die Wahrheit zu sagen, die Sache mit den Vorsätzen habe ich mittlerweile aufgegeben. Ich versuche schon gewisse Dinge und Ziele zu erreichen, aber ohne den Deckmantel der Vorsätze/Pläne/Erwartungen. So setzte ich mich wenigstens selbst nicht unter Druck und freue mich aber trotzdem, wenn ich etwas Angefangenes tatsächlich bis zum Ende durchziehe.
© Thomas Paar 2022-01-14