von Vivienne_Féroche
„Sch*** privilegiertes A*******!“
denke ich mir zum tausendsten Mal. Und zum tausendsten Mal stimmte es. Eine Reihe sollte es werden. Vom Tindergarten in die Beziehungsschule, ins Gymnasium für Bindungsängstliche, Doktorat an der Hochschule der Erotik. Nichts davon hat Sinn. Im zweiten Teil des „Tindergartens“ geht es nicht mehr um die Suche nach Liebe, sondern um tiefgründige, bis dato scheinbar unüberwindbare, schmerzhafteste Erkenntnisse. Eine Reise in die Vergangenheit, vielleicht mit Reflexion, in der Hoffnung, dass nach der Erkenntnis, Zukunft möglich wird.
Sarkastische Betrachtung: Als ob das Trauma einer von Millionen jungen Frauen nicht eh schon jedem egal wäre, in einer Zeit, in der jeder ein Trauma hat. Sonst hätten Psychotherapeuten und Psychiater, kurz: unser teures Gesundheitssystem keinen Sinn. Einzelschicksale, emotionale Hochspannungssituationen, Katastrophen und der Versuch diese objektiv zu Betrachten. Eines bleibt gleich: Kurzgeschichten, komprimiert auf die Quintessenz. Die schöne Zeit dazwischen wird nur angedeutet mit dem gnadenlosen brachialen Cut ins Jetzt. Eine Andeutung an die Analyse einer rasanten Gesellschaftsentwicklung und Lebensstils, der sich auch in der Liebe widerspiegelt, in der es genau um das Gegenteil von Schnelligkeit gehen sollte. Fast Food. Fast Homo Sapiens. Fast F***. Und Wegwerfen. Dem schnellen Schicksal ausgeliefert? Wie geht „Liebe“ eigentlich langsam? Wer kann sich dieses „Liebe“ denn überhaupt noch leisten?
Am Anfang jeden Kapitels stehen Songempfehlungen zum Vorabhören, um dann in die Story einzutauchen. Wird alles anders? Kann es überhaupt ein Happy End geben? Führt dieses Erwachsen-Sein zu einem vollkommenen Verlust an Lebensfreude? Machen Naivität und Unschuld eine Beziehung unmöglich? Was ist die andere Option als bedingungslos Vertrauen zu schenken, wenn man Liebe zulassen möchte? Ist für einen Österreicher jemals irgendetwas gut genug? Wer ist gut genug und für wen ist man gut genug? Eine Achterbahnfahrt zwischen dem Glauben an die wahre Liebe und der grausamen Erkenntnis, dass es nur um Macht und Geld geht. Hat das Patriarchat und der Kapitalismus endgültig heterosexuelle Beziehungen zerstört? Macht das vorherrschende Unverständnis des weiblichen Zyklus gegenüber eine Begegnung auf Augenhöhe zwischen Mann und Frau unmöglich? Wann kommt die Intuition und die Natürlichkeit zurück und die Erkenntnis, dass man ein Menschenleben EBEN NICHT in eine Excel-Tabelle pressen kann? Wer bleibt wirklich ein ganzes Leben lang? Kann es so jemanden überhaupt geben? Ist eine Seelenbegegnung, sobald man die 30 überschritten hat, überhaupt noch möglich? Vergessen einen alle? Natürlich. Selbst der millionenschwere „Sexiest Man Alive 2024“ aus Hollywood ist eines Tages vergessen. Der schönste Tag im Leben, der beste Kuss, vergänglich. Von jedem und allen. Steht weder im Geschichtsbuch, noch in der weltbesten zukünftig KI. Bedeutungslos. Bedeutung. Die Dinge, die Menschen haben immer nur so viel Wert wie wir ihnen geben. Beziehungsweise geben können. Das muss man sich erstmal leisten können.
© Vivienne_Féroche 2024-11-13