von Gartenfee
Im Garten habe ich seit ein paar Jahren ein Bienenbeet, kaufe jährlich ein Döschen mit Samen. Ich lasse mich überraschen was so alles aus diesen Samen gedeiht. Die Blüten sollen wieder Bienen und Hummeln anlocken. Es funktioniert ganz gut. Gemäht wir dieses Wiesenstück natürlich nicht. Eines Tages kommt ein großer Stängel aus der Erde, er ist behaart. Er wird immer dicker und kräftiger und setzt gefiederte Blätter an. Die Pflanze wird bald so groß wie ich, man hat das Gefühl Zauberdünger ist im Spiel. Es kommen große tellerartige Blüten mit vielen winzig weißen Blüten. Ich gucke und gucke, was ist das für eine Pflanze? Diese Riesenpflanze überragt alles, sieht auch komisch aus, sie passt ja gar nicht in dieses Bienenbeet.
Mir wird heiß, mir schießt es in den Kopf, Schierlingsblüten diesen Blüten ähnlich sind, oh Gott das Gift in meinem Garten. Wer kennt nicht aus der Geschichte, Vergiftung mit dem Schierlingsbecher. Meine Fantasie arbeitet. Nichts dramatisieren, das Zeugs muss aus der Erde raus. Was verkaufen die für Samen? Ich schaue nochmal auf die Dose, am Bild sehe ich keine solchen weißen Blüten. Die werden die Samendose doch nicht mit Giftpflanzen verwechselt haben. Ich hole mir Bücher herbei und recherchiere, lese mich ein in Wild- und Wiesenblumen. Ah, da gibt es noch andere schreckliche Pflanzen, zum Beispiel den Bärenklau, das ist ja auch noch so ein gefährlicher Neophyt. Beim Berühren kann man Verbrennungen davontragen. Also ja nichts angreifen. Meine Familie muss einen Bogen um dieses wilde Gewächs machen. Da läuft ja was aus dem Ruder, wir müssen was tun. Mein Mann muss diese Pflanze ausreißen. Er reagiert mürrisch, fast wie ein Kanalräumer angezogen mit dicken Handschuhen und Gesichtsschutz. Auf zur Vernichtung, Hacke raus und los geht es.
Mir lässt das keine Ruhe, ich will nicht glauben, dass so etwas verkauft wird, mit Respektabstand umkreise ich noch immer die Pflanze. Mitten in einem weißen Blütenteller sehe ich eine winzige violette Blüte. Was ist das? Mein Mann ist zur Tat bereit. Ich lese wieder nach. Die verblühten Blüten bilden kleine Körbchen, sehen direkt hübsch aus. Wie Schuppen fällt es mir von den Augen, das ist die „Wilde Karotte“, eine uralte Pflanze, eben als Merkmal die Einzelblüte in der Mitte und an den Körbchen. Man kennt die uralte Pflanze schon seit der Steinzeit, aß sogar die Wurzel, die voller Energie sein soll und dem Steinzeitmanne Manneskraft verlieh, also vorzeitliches Viagra. Ich schreie Stopp, mein Mann darf die Hacke wieder zurückstellen.
Mir sind die heutigen Karotten lieber, aber die Blüten sind wunderschön und ziehen tatsächlich Bienen an. Also darf die „Wilde“ im Beet bleiben. Mir ist jetzt wohler und die Samenstände werden für Trockensträuße gesammelt.
© Gartenfee 2022-10-29