von Karin Sieder
Ich habe scheinbar Freunde, die wirklich intelligent sind. Fragt mich eine Freundin, als sie bei mir zu Besuch war und meinen Hausgarten besah, ob ich denn den neuen Trend Wabi-Sabi in meinem Garten betreibe. Ein intelligenterer Mensch hätte sich bestimmt aus der Situation mit Ablenkung und Herumreden gerettet. Ich habe mal gleich nachgefragt, was denn das sei.
Der neueste Trend aus Japan. Es wird alles in Mischkultur gepflanzt, kunterbunt angesät und man lässt den Garten gedeihen, wie es kommt, und erntet, was gerade fertig ist.
Da sieht man mal wieder, dass ich meiner Zeit voraus bin. Ich säe schon seit Jahren kunterbunt. Wir essen, was gerade fertig ist und sind dabei noch nicht verhungert. Unkraut wird beizeiten gezupft. Und meist vergesse ich, was ich wo gesät habe und dann wächst zwischen dem Lauch plötzlich die Petersilie hervor. Ich habe mich bei meiner Gartenkultur jedoch nicht auf diese japanische Vorlage berufen. Ich mache das, weil ich etwas chaotisch bin und vergesse, wo ich was gepflanzt habe, und ich es nicht so genau nehme, dass wirklich der Knoblauch neben den Erdbeeren wächst, weil sich die beiden so gut vertragen.
Aber Japan ist derzeit ja wirklich trendy. Kam doch letztes Jahr Shinrin-yoku in Mode. Das musste man/frau einfach mal erleben. So was von entspannend. Und wenn der Trend aus Japan kommt, ist es bestimmt gut. Dort werden ganze Busladungen von Menschen aus der Stadt zum Shinrin-yoku gekarrt. Auch bei uns gibt es mittlerweile Kurse und Angebote zu diesem Thema (Habe ich vor kurzem gelesen.). Was das ist? Das Umarmen von Bäumen. Und wie ich bereits erwähnte: Ich bin einfach meiner Zeit voraus. Ich praktiziere das schon, seit ich ein Kind war. Ich gehe leidenschaftlich gerne im Wald spazieren und umarme beizeiten Bäume, spreche auch mit ihnen (wenn niemand zuhört) und lobe sie bei entsprechendem Wachstum. Leider war ich nicht klug genug, um es als neuesten Trend zu vermarkten.
Aber diesen Vermarktungsfehler habe ich ja schon vor Jahren gemacht. Und ich habe nicht daraus gelernt. Ich werde immer wieder für Kreativkurse angefragt (da ich handwerklich scheinbar nicht so unbegabt bin). Und ich wurde zu einem Batikkurs angefragt. Später jedoch wurde ich ausgeladen, weil jemand anderer einen Shibori-Kurs anbieten konnte. Und das war viel moderner und besser. Shibori kommt aus Japan und heißt bei uns Batik. Ja, was will man da noch machen. Gar nichts.
Ich bin halt eben, wie ich bin. Altmodisch und stark verwurzelt. Und meine Wurzeln sind halt nicht in Japan, sondern im Mostviertel.
© Karin Sieder 2020-05-30