Wagnis in das Herz der Dunkelheit

Sonja Haas

von Sonja Haas

Story

Sie musste sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Der Winter, der so lange anhielt, konnte nur etwas mit der grausamen Hexe zu tun haben, so viel war für sich gewiss.

„Wollt Ihr dem Yeti folgen?“, fragte Ophelia. „Selbstverständlich. Er möchte mir etwas zeigen. Ich spüre es“, sprach die Königin fest entschlossen.

„Wir brauchen eine Fackel!“, rief sie dem General zu.

„Knappe!“, rief er nach hinten. „Bring mir eine Fackel, schnell“, fügte er hinzu, als er ihm ein Handzeichen gab.

Der Knappe zog eine Fackel aus seiner Tasche und zündete sie an, bevor er zu seinem Heeresführer eilte, der ihn zur Königin verwies. Dabei stampfte er mühselig durch den Schnee, an den Männern vorbei und übergab sie in einer gebeugten Haltung seiner Gebieterin. Königin Belana wirkte in diesem Augenblick recht kaltherzig. Ohne ein Wort des Dankes entriss sie gefühllos dem Knappen die brennende Fackel und begab sich, dicht von Ophelia gefolgt, tiefer in die Höhle hinein. Ihre Männer marschierten ihr schweigend hinterher.

Stille Finsternis umgab die ahnungslosen Menschen. Mit zitterten Knien und klopfenden Herzen betraten sie die Höhle, dabei ließen sie ihre Gebieterin nicht aus den Augen. Von der Anspannung ihrer Untergebenen bekam die Königin nichts mit. Zu sehr war sie mit sich selbst beschäftigt. Ihre Gedanken schweiften stets um den Yeti, der für sie von absoluter Priorität war. Plötzlich blieb sie stehen und warf einen kurzen Blick über ihre Schulter, als sie kurz entschlossen den Kopf nach hinten drehte und ihre Krieger ansah. Die Männer zitterten und bewegten sich nur zögerlich, was dem General nicht entgangen war. Leise feuerte er sie an und befahl ihnen, sich schneller zu bewegen. Die Königin blickte ihnen ins Gesicht. Ihre Kammerzofe stand dicht hinter ihr und haftete sich an dessen Fersen. Gemeinsam passierten sie einen schmalen Pfad, der immer geheimnisvoller wurde, je tiefer sie sich in die Höhle wagten. Nun begann auch die Königin, nervös zu werden. Sie spürte ihr pochendes Herz.

Die Höhle erhellte sich unerwartet. Gespannt sah die Königin geradeaus. Jeder Schritt führte sie zu dem Licht, das sie am Ende des Pfades erblickte. Sie gelangten in einen großen Raum, der an eine Tropfsteinhöhle erinnerte. Dort wartete der Yeti auf sie. Er klopfte erneut mit seinen Fäusten auf seine Brust. In der Höhle wirkte seine Stimme noch furchteinflößender. Sie schallte enorm. Es war unerklärlich, was der Yeti ihnen mitteilen wollte oder warum sie ihm in die Höhle folgen sollten. Alle, auch die Königin, blieben vorerst stehen und bestaunten das weiße Geschöpf.


 


 


© Sonja Haas 2025-04-12

Genres
Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Abenteuerlich