Waldviertler Sauen beyond US-Eastern Time

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

Vor mittlerweile 15 Jahren hatte mich ein Jäger im Wirtshaus gefragt, ob es schwer sei, die Mondphasen selbst zu berechnen, denn es werde immer schwieriger, an diese praktischen kleinen Spielkarten-Kalender kommen, bei denen die entsprechenden Symbole beim Datum vermerkt sind. Mir erschien das Wirtshaus der falsche Ort zu sein, um die Details zum synodischen Monat und die Bedeutung des Meton Zyklus für die Entwicklung der Goldenen Zahl und dem daraus resultierenden Mondalter zu erklären, zumal ich bereits bei der ersten Erwähnung der Wortes „Mondalter“ unterbrochen wurde. „Nein, Klaus, ich will nicht wissen wie alt unser Mond ist, sondern ob man aus dem Datum berechnen kann, wieviel Prozent man vom Mond sehen kann.“

Damals war es noch nicht selbstverständlich, solche Dinge einfach „auszugoogeln“. Aber einen Computer hatte der Freund schon und verstand auch damit umzugehen. Daher sagte ich „Weißt du was, ich schreib dir ein kleines Programm mit dem du dann deine Wildschweine überraschen kannst. Wie genau sollen denn die Zeitabgaben sein?“ „No, a Rolex trågt koans von de Viecherln“ so seine knappe Antwort.

Eigentlich eine für mich recht reizvolle Aufgabe, denn kulturhistorisch reichen die Erkenntnisse hierzu bis in die klassische Antike zurück. Auch spielen sie in die Religionen hinein, weil egal ob Pessach, Ostern oder der Ramadan, immer spielt der Mond eine Rolle. Für mich war dies alles überhaupt ein Phänomen, wo doch unsere zeitgenössischen Politiker meist nur von einer Wahlperiode bis zur nächsten denken. Und damals? Jener griechische Astronom namens Meton hatte festgestellt, dass sich die Termine der Mondphasen nach jeweils 19 Sonnenjahren wiederholen. Ein Politiker unserer schnelllebigen Zeit wäre da nie drauf gekommen. Und dieser Meton hatte sogar in Euktemon einen zeitgenössischen Kollegen, dem dasselbe aufgefallen war. Davor kann ich nur in Ehrfurcht verstummen.

Nun also, nach ein paar Tagen übergab ich dem Jäger die Diskette mit dem fertigen Programm. Und anscheinend funktionierte alles zu seiner vollsten Zufriedenheit. Irgendwann aber, viel später, meinte er zu mir „Du, bisweilen liegt dein Programm a bisserl daneben. Net vüül aber ein Tåg is‘s schon.“ Irgendwie konnte ich mir das nicht erklären, doch dann vergegenwärtige ich mir, dass ich den Algorithmus im Kern aus einen US-Zeitschrift übernommen hatte und so vermutete ich, dass der Fehler kein wirklicher Fehler war, sondern durch die Zeitverschiebung verursacht war. Dazu ein Beispiel: Unser letzter Vollmond war im Waldviertel am Freitag den 8. Mai 2020 um 04:35 in der Früh. Da war es nach der Eastern-Standard-Time, also etwa in New York, erst 23:35. Und dort, wie in den gesamten USA, war es noch Donnertag, der 7. Mai.

Den Wildschweinen im Revier des Freundes wird dies vermutlich ziemlich egal gewesen sein.

© Klaus Schedler 2020-05-13

Hashtags