Wall und Rauch

Lorenz Graf

von Lorenz Graf

Story
Europa 2024

„Rauchen im Freien! Schrecklich! Das bringt die halbe Menschheit um. Dagegen muss etwas getan werden. Wir basteln sofort an einer EU-Richtlinie.“ So sprachen kürzlich die besorgten gut-menschlichen EU-Beamten und gebaren ein neuerliches Stumpfsinn-Verbot: Rauchverbot im Gastgarten. „Die aufmüpfigen Österreicher werden zwar aufschreien, aber sie mussten schließlich doch auch die Abschreckungsbilder auf Zigarettenpackungen akzeptieren. Die EU-Richlinie war stärker.“

Zweiundfünfzig Jahre habe ich durchgehend geraucht und meine Recherchen haben zu Tage gebracht, dass ich in diesen Jahren 31 (!) verschiedene Zigarettensorten konsumiert hatte, manche davon nur wenige Male, da sie Geschenke waren oder auch nur „geschnorrt.“ Der Wechsel der Sorten richteten sich nach dem Preis. Autostopp-Touren nach Holland halfen die Zigarettenvorräte aufzufüllen, neue Sorten kennenzulernen und auch das „Wuzeln“ zu perfektionieren. Dabei waren die ersten „Gehversuche“ mit dem Rauchen gar nicht gut und begleitet von Schwindel, Übelkeit und Husten. Aber es war der Reiz des Verbotenen und schließlich war man ja ein harter Kerl, kein Weichei und man gehörte dazu, wenn man in einem Lokal an der Bar stand mit einem Tschik im Mund. Später ergab sich ein neuer Grund fürs Rauchen. Ein Mensa-Essen kostete so viel wie eine Packung Zigaretten. Nur war man eine Stunde nach dem Essen schon wieder hungrig. Die Zigaretten reichten den ganzen Tag, um den Hunger zu unterdrücken. In ganz schlimmen finanziellen Notzeiten wurden Zigarettenstummel aufgesammelt, der restliche Tabak herausgelöst und mit Papier neue Tschik gerollt. Geraucht wurde überall und zu jeder Zeit. Heute undenkbar, wie wir neben den Kleinkindern geraucht haben. Auf der Fahrt in den Italien-Urlaub lagen die Kleinen im Auto hinten oben drauf am Gepäck und als Fahrer rauchte man fast pausenlos und es gab keine taugliche Lüftung. Geraucht wurde im Schlafzimmer im Bett, auf der Toilette, während dem Essen zwischen den Gängen. Beim Fondue-Essen wurde daraus sogar ein Kult. Als Kellner im Gastgewerbe hatte man nicht nur selber viel geraucht, sondern auch viel Arbeit mit dem Aschenbecher ausleeren und Tischreinigen gehabt und wenn ein Gast vergaß, die Packung Zigaretten zu bezahlen, hatte man einen erheblichen finanziellen Verlust.

Ein Zufall führte mich in ein Gasthaus, ich sage hier sicher nicht, in welchem Ort. Mit Staunen und mit noch mehr Freude (Schadenfreude) stellte ich fest, dass im Lokal geraucht wurde, so als wäre die Zeit stehen geblieben. Auf den Tischen Aschenbecher, so wie in guten alten Zeiten. Mit Genugtuung musste ich an Asterix und das kleine gallische Dorf denken, das sich den Römern widersetzte. Dieses gastliche Haus stemmte sich gegen die Diktatur aus Brüssel, ermöglichte ihren Gästen den Luxus der freien Entscheidung, wie sie ihre Lebensweise gestalten wollen. Mutig halten sie einen Wall, einen Schutzwall, aufrecht und bilden eine Mauer gegen die Regulierungssucht aus Brüssel, die außer Einschränkungen kaum Lebensqualität bringen. Immer mehr Türen für Freiheit und Freude wollen EU-Bürokraten zumauern. Rauchen ist nicht gesund. Die vielen EU-Richtlinien, die Lebensfreude zerstören und Freiheit rauben, auch nicht.


© Lorenz Graf 2024-11-15

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Entspannend