von Paula Götz
Dein Leben ist ein Wartezimmer, dabei wartest du nicht immer.
Du ziehst dir ein Ticket und setzt dich dann auf graue Metallstühle.
Nicht wissend, wofür und wie lange du diesmal warten wirst.
Krampfhaft hältst du das kleine Papier zwischen den Fingern, während du auf den Monitor vor dir starrst.
Erstarrst mit dem Ticket in deiner Hand, zwischen dem Festhalten und der Sehnsucht endlich ins Leben gezogen zu werden.
Eine Glocke erklingt, jemand steht, von einem dieser grauen Metallstühle, auf und verlässt den Raum.
Nummer, Glocke, Exit.
Nummer, Glocke, Exit.
Nummer, Glocke, Exit.
Du bist schon so lange hier.
Verbringst dein halbes Leben auf grauen Metallstühlen.
Wartest bis die Glocke ertönt, deine Nummer blau blinkt und du den nächsten Raum betreten kannst.
Vielleicht sind die Stühle in dem anderen Raum weiß oder schwarz.
Vielleicht liegt kein grauer Teppichboden aus, sondern Laminat.
Aber das Warten bleibt gleich.
Zeit ist kein Begriff in diesen Räumen.
Nur in den Verbindungsfluren schaust du in die Fensterscheiben, die dein Gesicht spiegeln und dir wird bewusst wie lange du gewartet hast.
Letztes Mal fiel noch Schnee und nun kannst du die Schneeglöckchen sprießen sehen.
Siehst dein Spiegelbild, verzerrt, als wäre es nicht dein Gesicht, in das du schaust.
Die Entfremdung, kommt durch die Distanz, welche sich als Spalt zwischen den Stühlen im Raum, abzeichnet.
Mit dem Warten wird der Weitwinkel eingestellt und du vergisst, wie das Leben so spontan ist.
Mal wieder.
Dann betrittst du den nächsten Raum, weil auf dem Flur kannst du nicht bleiben.
Das ist vorübergehend.
Nummer ziehen, warten, Glocke, nächster Raum.
© Paula Götz 2022-08-12