Warum ich nie den Grimming bestieg

Gabriele Koubek

von Gabriele Koubek

Story

Wer mich kennt der weiß, dass ich in der Vergangenheit nicht sehr viele Berge bestiegen habe und das, dass höchstwahrscheinlich auch in Zukunft so sein wird.

Ich bin aus dem Flachland und die Berge habe ich mir erst durch meine Heirat mit einem Steirer in mein Leben gebracht. Ich mag die Tauplitzalm in der Steiermark. Dort kann ich stundenlang, ohne grĂ¶ĂŸere Höhenunterschiede und in bequemen Schuhen ĂŒber die Almwiesen laufen. Eine HĂŒtte mit Wirt oder ein Hotel mit Bewirtung fĂŒr Wanderer ist dort immer in Sichtweite.

Wenn ich gemĂŒtlich auf den Almwegen spazieren wandere, kann ich immer wieder den Grimming sehen. Dieser Berg ist ein beeindruckender, allein stehender Gebirgsstock zwischen dem Ennstal und dem Salzkammergut. Er zĂ€hlt zum Dachsteingebirge und ist der höchste frei stehende Berg in Europa. Mit seinen 2.351 m wird er von den Einheimischen liebevoll „DER BERG.“ genannt. Auf drei Seiten ist er steil abfallend und nach Westen hin sanft auslaufend.

Er hat etwas Magisches an sich, etwas das die Menschen in seinen Bann zieht und wie mĂŒndlich ĂŒberliefert auch sogar verzaubert. Viele ErzĂ€hlungen und Sagen ranken sich um den majestĂ€tischen Berg. Der österreichische MĂ€rchendichter Folke Tegetthoff hat seine jĂŒngste Sage diesem Berg und seinem Tal gewidmet. Sie erzĂ€hlt wie der Berg zum Tal oder das Tal zu seinem Berg kam. Eine der bekanntesten Romane ist wohl das „Grimmingtor“ von der Heimatdichterin Paula Grogger. Angeblich kann man das von ihr beschriebene Tor sogar mit freiem Auge erkennen. Ich hab es versucht aber ohne Erfolg, wahrscheinlich muss man doch etwas nĂ€her hinwandern.

In einer der gruseligsten Sagen verfĂŒhrt der Teufel, mit Aussicht auf schöne MĂ€dchen, die Burschen des Ortes. Diese bekommen zwar keine MĂ€dchen zu sehen, dafĂŒr mĂŒssen sie ihre Seele verkaufen, um wieder nach Hause zu kommen.

Das Grimmingtor öffnet sich, wie glaubhaft ĂŒberliefert wird, einmal im Jahr zu Peter und Paul. Ein MĂ€nnchen lockt immer wieder Neugierige, mit dem Versprechen auf Gold und Edelsteine, an. Von ihnen wird berichtet, dass sie erst nach einem Jahr wieder zurĂŒckkehrten.

Einmal lockte ein alter Mann eine Braut, die auf dem Weg zur Trauung war, durch das Tor. Die Braut ging von einem Raum in den anderen und betrachtete die unglaublichen SchĂ€tze. Als der Alte sie wieder hinausfĂŒhrte waren hundert Jahre vergangen und kein BrĂ€utigam wartete mehr auf sie.

Die furchtbare Geschichte von der armen Witwe, die mit ihrem Kind durch das Tor trat, erzĂ€hlt uns wie sie ihr Kind in der Höhle ließ um noch mehr Gold hinaus zutragen. Das Tor allerdings schloss sich nach der Frau und sie konnte ihr Kind erst nach einem Jahr wieder aus der Höhle holen. FĂŒr das Kind war nur ein Tag vergangen aber fĂŒr die Mutter ein ganzes Jahr.

Ich bin mir ganz sicher, dass der Berg einfach seine Ruhe haben will sonst wĂŒrde er nicht so viele gruselige Geschichten verbreiten. Aber ich nehme alle diese Warnungen sehr ernst und werde deshalb sicher nie auf den Grimming steigen.

© Gabriele Koubek 2021-08-26

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