von Klaus Schedler
Vorwort
Warum Jesus-Geschichten für Kinder? Nun, es ist ein Gebot des Ersten Testaments. Es ist sogar Teil des wichtigsten Gebets der jüdischen Tradition. Sinngemäß besagt es: „Dein Glaube sei in deinem Herzen, gib ihn an deine Kinder weiter und sprich über ihn, wo auch immer du bist.“ Alle Menschen sind aufgefordert, ihren Kindern davon zu erzählen, sie authentisch auf ihren Weg in ein religiöses Leben zu begleiten und dies nicht Kindergarten, Schule oder der Kirche zu überlassen.
Wer sich in diesem Buch aber Geschichten über ein als blondes Engelchen verkleidetes Christuskind erwartet, das uns zu Weihnachten neben dem geschmückten Lichterbaum die Geschenke bringt, liegt bei mir falsch. Erst recht kann mir der Weihnachtsmann und Rudolph mit seinem Rentier-Team ebenso gestohlen bleiben, wie der eierlegende Osterhase. Hören wir doch endlich auf, die Kinder in Glaubensdingen anzulügen, denn irgendwann kommen sie darauf, dass sie hinters Licht geführt worden sind. Wundern wir uns also nicht, wenn so Religion im weiteren Leben vielfach als „Kinderkram“ gilt.
Ich denke, dass man bereits bei einem Alter von drei Jahren mit dem Erzählen anfangen könnte; zu spät ist es jedoch nie! Achten wir aber darauf, die Kleinen nicht zu überfordern. In den nachfolgenden Geschichten sind deshalb manche Passagen in Klammern gesetzt, die weniger für Kinder, sondern für Erwachsene gedacht sind. Auch halte ich es für falsch, die Kinder mit Lehrsätzen zu konfrontieren, die uns selbst als Glaubensgeheimnisse möglicherweise bis an unser Lebensende begleiten.
Beispiele für solche „spirituellen Baustellen“ sind etwa die „Auferstehung des Fleisches“. Freilich hat Jesus den Tod überwunden. Deshalb muss er aber doch nicht regelmäßig Zähneputzen und braucht auch keinen Regenschirm, wie ein Mensch von Fleisch und Blut. Vielmehr lebt er in einer anderen Daseinsform, die wir wohl erst nach unserem Leben erfahren dürfen.
Oder nehmen wir die Frage, ob mit dem Kreuzestod Christi der Menschheit Schuld auf ewig getilgt ist? Diese allein jüdisch-christliche Auffassung besagt, dass eine Störung in unserer Beziehung zu Gott durch ein Stellvertreter-Opfer behoben wird. Wir finden so ein Opfer als Pessachlamm beim Auszug aus Ägypten, bei Jesajas Gottesknecht und wiederum zu Jom Kippur, dem jüdischen Versöhnungsfest, wenn alle Schuld der Welt symbolisch auf den Sündenbock übertragen wird, der dann geopfert wird.
Diesem Konzept der Tilgung einer Schuld durch einen Stellvertreter kann ich nicht folgen. Vielmehr vertraue ich allein auf die Gnade Gottes, der uns alle Schuld vergibt, wenn wir bekennen und aufrichtig bereuen. Dort bin ich dann ganz evangelisch und mit Martin Luther bei Röm 11,6, Eph 2,8 und Apg 15,11 etc. daheim.
Nein, Kinder wollen keine Theologie, sondern Vertrauen. Vertrauen darauf, im Leben und im Tod von Gott getragen zu sein. Und sie brauchen das Vorbild, das ihnen Jesus gibt. Alles Weitere kann dann zunächst einmal warten.
© Klaus Schedler 2021-04-30