Was einst mal war, ist heute nicht mehr da

Lea Jordan

von Lea Jordan

Story

Wort: Schlamm
Mein Gesicht liegt nicht mehr im Schlamm. Ich fühle mich, als ob ich endlich wieder atmen kann. Der Sturm zieht vorbei, kein Regen, kein Wind nur Sonnenschein. Die Luft ist rein und Vögel zwitschern. An der Stelle, an der ich einst lag, ist nun einfach nur trockener Boden, schaut man etwas genauer entdeckt man sogar kleine Sprossen von wachsendem Gras. All das Erlebte scheint nun der Vergangenheit anzugehören, eine Erinnerung in meinem Kopf, ein distanzierter Gedanke. Der mir ab und zu einen Besuch abstattet, sei es in einem ruhigen Moment oder in einem Moment voller Trubel. Es ist irgendwie, aber dennoch anders. Ein Film, der sich vor meinen Augen abspielt mit jemand Anderem in der Hauptrolle, der dennoch das Gleiche spürt, wie ich einst mal. Man kann mit der Person mit fühlen, aber sich dennoch schnell auch wieder distanzieren. Bis es einen dann doch mitreist, zumindest für einen Augenblick, es ist ein Zwiespalt. Kalt, verlassen, und deprimiert, mit einem Hauch von Überforderung, alles auf einmal spüren. Direkt von 0 auf 100 und jetzt? Der Gedanke schwirrt doch meinen Kopf, bis mein Blick wieder auf den Boden schweift, die Stelle. Der Ort an dem ich am tiefsten lag. Überall war Schmutz, ich fühlte mich Dreckig, wie auch sonst mit Schlamm alle über mir, mir war kalt es war Dunkel, keiner war dar. Zumindest war kein Licht erkennbar, somit auch keine Besserung in Sicht. Ich fühlte mich leer und alleingelassen, daran erinnere ich mich, dennoch konnte ich nicht nach Hilfe fragen. Je mehr ich starre, desto mehr hinterfrage ich. Fragen schießen durch meinen Kopf, so das es schwer ist sie überhaupt war zu nehmen. Ich schaffe es, dass zumindest ein paar von ihnen, für einen kurzen Moment stehen bleiben. „Wie kam es zu dem Punkt?“ „Weswegen war ich da?“ Ohne eine Antwort nennen zu können, stapeln sich die Fragen weiter und weiter in meinem Kopf. Mein Atem stockt und ich merke wie es immer schwerer wird überhaupt zu atmen. Irgendwas drückt auf meinen Brustkorb, mit ganzer Kraft. Ich bewege meine Hand in Richtung Brust und spüre meine kalten kribbligen Hände auf meiner Haut, sie sind fast taub. Auf meiner Brust ist nichts, was soll da auch schon sein? Und dennoch hab ich das Gefühl er bricht gleich ein. Mein Puls wird schneller, immer schneller. Ich spüre das Pochen überall, in meinem Ohr, in meinem Hals. Bam bam. Ganz schnell, immer wieder. Bis ich realisiere, ich kann laufen. Weg laufen, weg von hier, von diesem Ort, von dieser Stelle, an der ich einst mal lag. Ohne Schlamm, ohne Dreck der noch an mir haftete, ich fühlte mich seltsam, es hat einen bitteren Beigeschmack, aber dennoch, ich war frei. So ließ ich das Gefühl der Hoffnungslosigkeit genau da liegen, wo ich mal lag, im Dreck und ging weg, mit dem Gedanken: Ich bin nicht allein.


© Lea Jordan 2024-07-15

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional