Was ist wahr?

Susanne Fahrnberger

von Susanne Fahrnberger

Story
Waldviertel

Heutzutage wird uns vieles als Wahrheit verkauft. Das Problem damit ist, dass zu demselben Thema verschiedene „Wahrheiten“ erzählt werden. Welches ist nun die wahre Wahrheit?

Als Kind lernt man, dass etwas entweder wahr ist, oder eben falsch. Das klingt simpel und im Grunde ist das auch so. Doch wenn wir über etwas verschiedene Wahrheiten hören, dann muss es nicht zwangsläufig bedeuten, dass eine dieser Aussagen unwahr ist. Als Erstes muss ich wissen, worauf genau sich eine Behauptung bezieht.

Wenn ich zum Beispiel eine Packung Milch aus dem Kühlschrank nehme und die Packung fühlt sich nicht kälter an als Zimmertemperatur, dann sage ich „Die Milch ist warm“. Wenn jemand warme Milch bestellt und ich serviere diese Milch, dann käme sofort die Beschwerde „die Milch ist kalt.“

Beide Aussagen sind also wahr und unwahr, je nach Kontext. Ich muss also wissen, worauf sich die Aussage bezieht. Ich denke, dass Kommunikationsprobleme und Missverständnisse heutzutage dadurch zustande kommen, dass man sich nicht vergewissert, welche Umstände einer Aussage zugrunde liegen.

Bei der Flut an Informationen, mit der wir täglich in den Medien konfrontiert werde, sind wir mit der Kontextsuche heillos überfordert. Wer hat schon Zeit, sich Zeit zu nehmen, um den Dingen auf den Grund zu gehen. Da ist es doch viel einfacher darauf zu vertrauen, dass man intuitiv oder aufgrund von Erfahrungen oder seinen persönlichen Wertvorstellungen weiß, was wahr ist.

Die Intuition tendiert aber dazu, das als wahr anzuerkennen, was möglichst einfach und nachvollziehbar klingt und wenn es auch noch emotional eine Saite zum Klingen bringt, dann muss es doch wahr sein.

Diese ökonomische Herangehensweise ist es, die der Manipulation Tür und Tor öffnet und die zu ernsten Konflikten führen kann.

Wir sollten wieder anfangen uns die Zeit dafür zu nehmen Dinge zu hinterfragen und wir sollten uns die Zeit nehmen, auch unseren Kindern beizubringen das zu tun.

Wenn ich als Kind meinen Vater gefragt habe: “Warum hat der Mann oder die Frau das getan oder gesagt?“, dann war seine Antwort zuerst immer: „Dann denk einmal nach.“ Und dann haben wir über meine Überlegungen dazu gesprochen. Ich bin ihm heute noch dankbar dafür, dass er meine natürliche Neugierde, den Dingen auf den Grund zu gehen immer gefördert hat.

© Susanne Fahrnberger 2024-09-04

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