von Louis Eikemper
Manche Momente verhallen im alltäglichen, während sich andere wiederum in ihrer verliehenen Bedeutung auf ewig in unser Lebenswerk gravieren. Dennoch messen wir sowohl die Momente, die im Alltag verhallen- als auch jene von Bedeutung, in gleicher Zeiteinheit. Doch vergehen Momente wirklich immer gleich lang? Wie lange dauert ein Moment von Bedeutung wirklich? Ich denke, dass wir im Zeitgefühl unterscheiden zwischen Augenblicken die vergehen und den besonderen Momenten im Leben, welche die Zeit in Erinnerung überdauern.
In Widmung dieses Gedankens werfe ich einen Blick auf meine eigene Uhr. Ich folge dem Sekundenzeiger seines Wegs entlang und bewundere, wie er in perpetuell getakteter Revision 60 Mal rund um das Ziffernblatt fährt, um eine neue Minute zu erschaffen. In diesem Moment finde ich mich im Uhrwerk selbst wieder. So wie sich nur durch den Takt, dem der Sekundenzeiger folgt, immer wieder Fortschritt ergibt, so auch für den Menschen, der Disziplin wahrt. Sind wir im Diesseits nicht auch Zeiger auf der Uhr des Lebens, die in getaktetem Gefühl den Lauf des Schicksals bewandern – mit dem Ziel dank dem verinnerlichten Takt Rundes zu schaffen? So wie Zeiger nur dank der kontrollierten Marschrichtung des Uhrwerks immer wieder einen Fortschritt messen, so auch wir, wenn wir uns diszipliniert an Zielen orientieren. So sind wir im Werden wie die Sekunde, die in Minute, Stunde und letztlich im Tag mündet – doch eben nur, wenn Takt gewahrt bleibt. So wie ein Zeitmesser dank seines Getriebes Bestand misst, so auch der Mensch – dank des innersten Antriebs. Ich denke, dass ein guter Verstand einer Uhr von Qualität gleicht. Ganz gleich wie hoch oder tief das Schicksal ihn führt, er bleibt im Takt. Eben genau wie eine gute Uhr, die sowohl in hunderten Metern Tiefe als auch in einigen tausenden Kilometern Höhe gleich läuft. Scharfsinn wird in seinem Werk demnach wohl durch unbeirrte Ruhe definiert und darin, dass er es versteht seine Kraft zu nutzen, um dem gegenwärtigen Moment an Bedeutung zu verleihen. Ergo erscheint es mir von wenig Sinn sich im Vergangenen zu zieren. Ebenso wenig sinnvoll scheint mir sich auszumalen, was künftig noch wahr werden könnte. Die irreführende Frage was das Leben für uns noch bereithält, beantwortet sich in meiner Logik damit, dass das was ist werdend sein wird. Die Gegenwart formt die Zukunft. Mehr als den Einfluss innerhalb unseres gegenwärtigen Moments haben wir nicht zur Verfügung.
Dennoch: die Antwort darauf, wie lange ein Moment nun dauert, kann ich nur mir selbst geben, weil wir relativ und individuell bemessen sind an dem, was wir für uns verinnerlicht haben. Jeder hat einen Takt für sich entwickelt, der nach der Qualität seiner Gedanken schlägt. Der eine folgt ihm und lebt im rhythmischen Einklang, der andere hat das Gefühl dafür noch nicht frei. Der Nächste ignoriert es wissentlich, da er taktlos leben will – wie der Kapitän eines Schiffs, der ohne Kompass in See sticht. Nun, es sei jedem selbstverantwortet die Kraft des inneren Takts für das eigene Werden zu nutzen, oder es sein zu lassen. Gewiss ist wohl nur, dass unsere Lebensuhr tickt und die Chancen, unseren Momenten Bedeutung zu verleihen, letztlich gezählt bleiben.
© Louis Eikemper 2024-03-27