von Marple
Irgendwann ist es zu spÀt
um zu frĂŒh drauf zu gehn
Irgendwann bin ich zu alt
zu alt um jung zu sterben
KUMMER – Der Rest meines Lebens
Jung sterben – diese in unserer Gesellschaft oft romantisierte Art, ĂŒber das Leben zu denken, zerbrach schon so manchen den Kopf. Was bedeutet diese Phrase in einer Gesellschaft wie der unseren?
Wenn ich logisch darĂŒber nachdenke, ist diese Aussage Schrott. Jugendlicher Leichtsinn, um es einfach zu sagen. Warum sollten die jungen, motivierten Personen sich wĂŒnschen, nicht ins Erwachsenenalter einzusteigen? Was hĂ€lt sie an der Idee der ewigen Jugend? Die komplette Aussage, mit Freunden oder dem Freund jung zu sterben, ist rational gesehen MĂŒll.
Wenn ich aber als junge Person darĂŒber nachdenke, was mir in der Zukunft blĂŒht, so habe ich schon das ein oder andere Mal das Verlangen, jung zu sterben. Kann mir dies vorgeworfen werden? Gerade mit der jetzigen Situation, Krieg und Verzweiflung, weil sich irgendwelche korrupten Idioten, die ein Land regieren, in der Geschichte verewigen wollen. Die politische Situation auch hier in Ăsterreich, wo ich mir manchmal an den Kopf greifen und tief durchatmen muss, um keinen böse formulierten Text online zu posten. Die alteingesessenen Traditionen des Rassismus, Sexismus, Ableismus und der Homophobie, die in der Welt alltĂ€glich an den Tag gelegt werden, die mir als Mensch meine Rechte absprechen. Die vergangenen zwei Jahre, die ich brav sitzend drinnen verbracht habe, was meiner mentalen Gesundheit natĂŒrlich SEHR gut tat.
Ich will keine geschichtlichen Ereignisse mehr miterleben.
Stattdessen will ich die Idee, welche âjung sterbenâ mit sich bringt – eine Freundesgruppe, mit der man in lauen SommernĂ€chten bis zum Sonnenaufgang lachend auf einer Dachterrasse chillt, das ein oder andere Bierchen intus. Voller Hoffnung mit der einen Person auf den nĂ€chsten Tag warten, um die Dinge zu tun, welche einem SpaĂ machen. Laute Musik auf Autobahnen, lauthalses, falsches Mitsingen, danach GelĂ€chter. Ich will unkonditionierte Liebe unter Freunden, ich will tiefsinnige GesprĂ€che bis in die Nacht.
Ich sehne mich, ja, ich sehne mich nach einer Zeit, nach der ich jung sterben will.
Und ich kann weder in die eine noch in die andere Richtung etwas Ă€ndern. Ich kann nicht, so sehr ich auch will, alle Probleme der Welt lösen. Ich kann keine Freundesgruppe herbeizaubern. Ich kann nur mein lĂ€cherliches kleines Leben in meinem lĂ€cherlichen kleinen kalten Schlafzimmer mit meinen lĂ€cherlichen kleinen Problemchen fĂŒhren und hoffen, nicht daran zu zerbrechen.
Wie soll man da noch Hoffnung an die Zukunft haben?
© Marple 2022-03-15