Was machen wir mit dem Kudu?

MonaLena

von MonaLena

Story

Zwei nette Couchsurfer aus Südafrika kommen, um sich das Autorennen am RedBullRing anzusehen. Sie sind beide weiß, was die Kinder etwas irritiert, weil sie sich bei Afrikanern einfach was anderes vorgestellt hatten. Wie man es auf Reisen tut, haben sie einige interessante Geschenke aus ihrer Heimat mitgebracht:

Aus einem Papiersack mit schwarzem Afrika-Druck, der eine Steppe, Bäume und Antilopen zeigt, guckt eine bunte Giraffe heraus. Sie ist aus Draht und hunderten von Perlen zusammengesetzt, eine echte Handarbeit. Dann kommen verschieden Süßigkeiten zum Vorschein, über die sich die Kinder besonders freuen, und eine Packung mit getrocknetem Fleisch in Plastik eingeschweißt. Ich betrachte es skeptisch, mein Mann interessiert und die Kinder angewidert. Kann man das wirklich essen? Es sieht irgendwie mumifiziert aus, ganz braun und hart.

Wir bekommen erklärt, dass es sich dabei um Kudufleisch handelt, eine traditionell zubereitete Spezialität. Ich habe bis dahin noch nicht einmal von diesem Tier gehört! Verstohlen google ich es, damit ich zumindest weiß, welches arme Lebewesen da auf meinem Küchentisch liegt. Ich kann doch nichts essen, was ich noch nichteinmal lebendig gesehen habe! Aha! Kudu ist riesig, braun und mit wenigen Streifen gezeichnet. Es hat gedrehte Hörner, die mich irgendwie an den Teufel erinnern!

Als die Packung geöffnet wird, ergreifen die Kinder spontan die Flucht! Es stinkt erbärmlich! Davon werde ich ganz sicher nichts kosten! Ich lächle höflich und will zu den Kindern ins Exil aber mein Mann ist mutig und greift mit spitzen Fingern nach dem steifen Trockenfleisch. Er schiebt sich ein Stück davon zwischen die Zähne, kaut kräftig, denn es ist zäh und befindet es als “gar nicht mal so schlecht”! Ich überlege inzwischen schockiert, ob ich ihn je wieder küssen werde! Die Südafrika-Jungs lachen und freuen sich, während ich das Zeug rasch in einer Tupperbox verschwinden lasse, bevor sich der eklige Geruch für immer in der Küche festsetzt.

Nach der Abreise der lustigen Gäste hat uns das Kudu aber noch lange nicht verlassen! Wir brachten es nicht übers Herz das liebevoll ausgesuchte und weitgereiste Lebensmittel einfach in die Tonne zu treten! Erst lag es demütig im aller letzten Winkel im Kühlschrank, wo es aber nicht für immer belieben konnte. Dann kam es überall hin mit, wie ein weiteres Familienmitglied: zu den Schwiegereltern, zu den SchwägerInnen, zu diversen Freunden und Bekannten, um dort als das exotische Geschenk aus Afrika vorgestellt und hoffentlich kräftig verkostet zu werden. Mein Mann bewarb das Trockenfleisch wie eine Mutprobe und ich betet, dass die Box endlich leer werden würde. Damit haben wir uns sicher nicht beliebt gemacht, aber das Unheil verschwand spurlos!

Heute noch schaue ich verschämt weg, wenn bei Dokus im Fernsehen ein Kudu über den Bildschirm läuft. Meine Nase erinnert sich deutlich an den Geruch und ich bin heilfroh, dass ich es nie probiert habe!

© MonaLena 2021-02-02

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