von Anatolie
Ich wälze mich zur einen Seite. Dann zur anderen. Verdammt, die Decke ist zu kurz! Habe ich genügend Daunen um die Ohren, wird es klamm um meine Zehen. Ich möchte die Tuchent am unteren Ende einschlagen, meine Füße damit umwickeln können, so wie man es bei einer Teigtasche macht. Ich kann nämlich nur bei offenem Fenster schlafen, egal ob im Sommer oder im Winter. Momentan können die Temperaturen im Raum ganz schön frostig werden. Seufzend mache ich das Licht an, gehe runter ins Parterre und hole die Decke vom Wohnzimmersofa. Ich mache mir damit untenrum eine künstliche Verlängerung. So kann ich endlich einschlafen, wohlig warm eingepackt wie in einem Kokon.
Einige Zeit später bin ich wieder munter. Plötzlich ist mir viel zu heiß. Ich strecke Arme und Beine aus der Decke in die Kälte, bis mein Körperthermostat wieder etwas abgesunken ist. Aber an ein Weiterschlafen ist trotzdem nicht zu denken. Gedankenblitze jagen mich wie aufgebrachte Geister durch die finstere Nacht. Ich wünschte, ich könnte all das aufschreiben, was mir in solchen Momenten durch den Kopf geht. Meistens bin ich geistig auch “voll da”, aber nach dem Aufwachen kann ich keinen dieser „tollen Sätze“ sinngemäß zusammenfassen. Ich versuche es mit einer Eselsbrücke und präge mir, während ich so im Halbschlaf taumle und die Wörter vor mich hin zitiere, das Bild von Laufschuhen ein. Laufen … Wünsche … davonlaufen… Ok, jetzt hab ich’s wieder: Je mehr ich Wünschen hinterherlaufe, desto schneller laufen sie mir davon. Ja, das hat etwas. Nur, was soll ich jetzt damit anfangen? Eigentlich ist es nur die Quintessenz dessen, was mir während der nächtlichen Unruhezeiten geschieht: Ich wünsche mir, meine laufenden Gedanken festhalten zu können, aber ehe ich sie ergreifen kann, haben sie sich schon auf den Weg (sich hinweg) gemacht.
Neulich träumte ich von einem großen See, in dem Leute mit Delfinen badeten. Ich schwamm mittendrin. Plötzlich war da eine scharfe Abgrenzung am anderen Ende, der See war gar kein See, es war ein riesiger menschengemachter Pool. “Die Zeit ist abgelaufen“, tönte es von irgendwo her. Ich hatte Glück gehabt, war gerade noch rechtzeitig los geschwommen. Aber irgendwie, so dachte ich, muss ich auch wieder zurück? Ich stand auf einem Überbau. Von unten ging eine Rolltreppe hoch, dort wurden wie mit Schaufelrädern Wassermassen nach oben befördert. Mit den Fluten kamen auch seltsame Dinge daher. Ich sah leere goldene Schachteln “hochfliegen”, die ich alle einsammelte. Ich betrat danach ein Restaurant, dessen Durchgang auf die andere Uferseite führte. Der Weg zurück war mir von hier aus nicht gestattet. “Nur für Leute mit Sondergenehmigung ”. Ich grinste die Bedienung an und konterte mit einem “Sondern”?
Ich sah bildlich alles klar vor mir, und ich wundere mich, was das mir sagen sollte. Aber logisch betrachtet ergibt das alles keinen Zusammenhang und keinen Sinn! Ich frage mich, sind wir im Schlaf nicht viel mehr nur seelische Resonanzkörper, die in fremden Sphären schwingen und deren “Noten” im Wachzustand nicht lesbar sind?
© Anatolie 2024-01-24