Was muss ein Kommentar?

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von lavoce

Story

Eines sei gleich zu Beginn klargestellt: Ein Kommentar muss gar nichts.

So dumm zu glauben, dass deine Geschichten nur das Positive in deinen Lesern erwecken, kannst selbst du nicht sein. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, kontrastiert aber zuweilen wunderbar mit der Realität. Die Story, die jedem gefällt, wurde noch nicht geschrieben. Glücklicherweise. Die Luft ganz oben ist dünn. Das Atmen fällt schwer. Am Boden der Tatsachen lebt es sich, ja wie eigentlich? Sauerstoffreicher, vernünftiger, emotionsbefreiter? Will ich das?

Wer träumt nicht hin und wieder davon, abzuheben, sein Ding durchzuziehen, egal, was die anderen sagen. Und dennoch lechzen wir nach Aufmerksamkeit, Anerkennung in Form von roten Herzchen oder/und Worten. Worte, die uns anspornen, zum Lächeln bringen, unser verwöhntes, angeknackstes Ego streicheln.

Aber das Leben ist ein Luder, der Mensch sein Knecht und wer immer nur gelobt wird ein Trottel. Da wir inzwischen wissen, dass ein Kommentar nichts muss, stellt sich die Frage: Was darf er?

Darf er des Autors vermeintliche Wortbegabung in der Luft zerreißen, sie mit Füßen treten, ihn hinabziehen in den Schlund der ewig zweifelnden Wortakrobaten? Darf er den Schreiberling konfrontieren mit seiner tiefsten Angst, seiner offensichtlichen Unbegabung?

Offensichtlich für wen? Und wer entscheidet über talentiert oder nicht?

Selbstüberschätzung, ein häufig ausgespienes Wort. Vom Leser? Vom Buchstabenakrobaten selbst?

Unterschätze nie die Überschätzung! Gut, sie führt zuweilen zu Egozentrik aber auch zu Mut. Und den Mutigen gehört die Welt. Mut, etwas auszuprobieren, zu wagen. Wer nie wagt, der nie gewinnt. Gewinnen – ist es das, was wir wollen? Irgendwie schon.

Wir wollen Leser gewinnen, ihnen Gefühle abringen, sie zum Weinen, Lächeln, Schmunzeln, Grinsen verlocken und ja, auch dazu Kommentare zu schreiben.

Womit wir wieder bei meiner Ausgangsfrage angelangt wären, die ich ein wenig umformulieren möchte: Was muss ein Leser?

Und dies sei ein für allemal klargestellt: Ein Leser muss gar nichts. Aber er darf …

© lavoce 2022-05-24

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