WAS REDEN … D’LEUT?

Story

Der beispiellose Kritiker und Liebhaber der Literatur, Marcel Reich-Ranicki, sah in dem großen Schriftsteller Thomas Bernhard einen Besessenen. Seine Welt ist eine bedrückende. Voller Sog der Abgründe. Der Autor war selbst eine Krankengeschichte. Wer war Thomas Bernhard? Der Sprach- und Redekünstler, dessen Nachhall noch zwanzig Jahre nach seinem Tod lebendig ist. War er ein Misanthrop oder Gesellschaftsmensch? Ein Zyniker oder ein warmherziger Mensch? Wie erinnern wir uns heute an den Meister, an die Brennpunkte seiner Vorlieben und seiner Statements. Sie sind nachzulesen.

Geboren 1931 Niederland. Dann … Bayern. Dann dieses `schreckliche´ Salzburg. Musikstudium. Mozarteum. Dann Wien. Italien. Paris. Unmengen bedeutende Minuten-Portais in Worten. Läuft von einer Katastrophe in die andere.

Und ..? Bitte ..! Reden wir über Thomas Bernhard. Über einen Text-Präparator. Er hat die Verstörung zur Kunst erhoben. Literatur. Theater. Gespräch. Im Kleinen-Kreis vom Hundertsten ins Tausendste … plaudernd. Er liebte es Spielpläne zu entwerfen. Seiner Phantasie freien Lauf lassen. Und dann … Ordnung! Er nahm den Text, wie ein Borkenkäfer schlechte Wörter `auffrisst´ … Damit war eigentlich alles klar! Gespräche beobachten. Deutsche Genauigkeit und Gründlichkeit und ..! Österreichische Phantasie und Irrationalität.

Ich kannte und schätzte Bernhard und seine Literatur schon von seit 1982. Ich habe ihn oftmals gemeinsam mit Otto Schenk erlebt. (Und Lohner) Als Geigenbauer war ich dauernd in den Proben. Mit dem Mozarteum und im Landestheater. In den Festspiel-Monaten waren alle immer da! Auch Handke. Man konnte sich schief lachen. Bernhard entwarf skurrile Miniaturen. Das waren brillante kleine Theaterszenen. Aus belanglosen Ereignissen machte er Kabinettstückchen. Plötzlich war Thomas Bernhard gemeinsam mit Otto Schenk ein Unterhaltungsgenie.

Und dann: War er wieder ein `Grantscherben´. Er schipfte immer mit einem ironischen Unterton. Konnte fürchterlich in Rage geraten. Und wieder liebeswürdig sein wie ein Engel. Er schreibt aus einem emotionalen Impuls über etwas, das ihn empörte, aufgeregt oder geärgert hat. Er wurde dann komisch und spiegelte den Text. Was blieb, war im Grunde aber ein harter, tragischer Kern.

Alle Etiketten, die man Thomas Bernhard als Dichter aufgeklebt hat, vom großen Hasser über den Menschenfeind und Österreich-Nestbeschmutzer, all das hat er als Privatmensch widerlegt.

Wer aber tatsächlich in ihn hineinsehen will, muss ihn lesen.

Der Kontakt mit den Nachbarn war erst einmal schwierig. `So einer hat da nichts zu suchen´ … war meistens die erste Reaktion. Schließlich ist er dann doch mit den meisten gut ausgekommen.

Da war natürlich ein enormes Bedürfnis nach Anerkennung und Erfolg. Nach dem sich Durchsetzen. Da hat sich Generosität, ja Liebe gezeigt. Von Liebe hat er nie genügend bekommen und auch geben können. Sie war Anspruch an sich und an sein Leben.

© 2022-05-02

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