von Phillip Strobl
Wieder einmal sitze ich alleine auf dem Bett und starre ins Nichts. Worte konstruieren. Worte schaffen Realität und hinterlassen Narben. Nicht sichtbar, aber spürbar. Für immer, auf der Seele. Niemals mehr werden sie verschwinden. Aber ich kann selbst entscheiden wie ich sie in mein Sein integriere. Ich kann selbst entscheiden, ob ich mich in Wut, Groll, Traurigkeit und Verletztheit verliere oder ob ich hinter die Kulissen blicke. Ich stehe auf und mache einen Schritt auf die Schlafzimmertür zu. Ich will sie öffnen, doch lasse ich meine Hand auf der Klinke ruhen. Ich verspüre Angst. Was erwartet mich dahinter?
Wieder einmal sitzt du alleine auf der Couch und starrst ins Nichts. Auch du leidest. Auch du hast Angst und bist unsicher. Du führst deinen eigenen inneren Kampf, bist hin- und hergerissen. Es wäre das Einfachste dich der Wut und dem Groll hinzugeben. Dieser vermeintliche Selbstschutz würde zu weniger Verletzungen aber auch zu mehr Einsamkeit führen. Du stehst auf und starrst die Tür zum Schlafzimmer an. Die Anspannung ist beinahe unerträglich. Was, wenn du dich wieder öffnest und aufs Neue verletzt wirst?
Langsam drücke ich die Türklinke herunter. Ich mache einen Schritt aus dem Schlafzimmer heraus in das Wohnzimmer. Zwei Meter von dir entfernt bleibe ich stehen. Wir starren uns nervös an. Die Angst schwebt zwischen uns im Raum. Die Sehnsucht nacheinander ebenso.
Du machst den ersten Schritt auf mich zu. Zaghaft und voller Hoffnung.
Als wir uns umarmen sind Angst und Unsicherheit keineswegs verschwunden aber sie sind erträglicher, weil wir sie miteinander teilen können. Genauso wie das Wissen, dass wir noch einige Male Ähnliches erleben werden, bis wir es geschafft haben unsere Vergangenheit aufzuarbeiten und wohlwollend anzunehmen. Wenn es uns gelingt immer in die gleiche Richtung zu sehen, dann haben wir den Kern unserer Liebe entdeckt.
Die Zuversicht ist stärker als der Zweifel.
© Phillip Strobl 2021-02-21