von Brigitte_S
Die Missstände in der öffentlichen Verwaltung reichen von Gewalt über Mobbing/Bossing bis zu Diskriminierung. Betroffene schweigen oft, wagen nicht, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen bzw. ist der Weg lange und belastend. Zu starke und zu viele stehen ihnen mitunter gegenüber, vereint in einem auf Reziprozität beruhendem Netzwerk. Manchmal haben wiederum die Provokateur*innen selbst Angst vor Repression durch andere, ihnen übergeordnete Personen. Was ein marodes System weiter stützt. Grenzüberschreitungen geschehen häufig derart subtil, dass sie strafrechtlich kaum relevant sind, vieles spielt sich im Graubereich ab bzw. scheitert es häufig an der Beweisbarkeit. Dann steht “Aussage gegen Aussage”. Denn die Provokateur*innen wissen wie sie tun müssen, um nicht belangt zu werden. In ihrer Dreistigkeit sorgen sie im Umfeld für ein Image des “netten Kerls”, nur Einzelpersonen sind Adressat*innen ihrer Grenzüberschreitungen. Die Menschen der Umgebung können sich dann gar nicht vorstellen, dass dieser Mensch Grenzen überschreitet. Für eine Karriere scheint fachliche und/oder Führungskompetenz von geringer Bedeutung zu sein, viel zentraler ist das persönliche Netzwerk. Zudem wird Loyalität und blinder Gehorsam häufig verwechselt.
All die Beratungseinrichtungen, finanziert über öffentliche Budgets, stoßen an ihre Grenzen, sobald es um Missstände in Betrieben der öffentlichen Verwaltung geht. Ähnlich wie heuer eine Vertrauensstelle für die Bereiche Kunst, Kultur und Sport eingerichtet wurde, sollte auch eine politisch unabhängige Vertrauensstelle für die Meldung von Machtmissbrauch in der öffentlichen Verwaltung eingerichtet werden. Diese könnte in Folge überlegen, wie sie institutionell gegen Grenzüberschreitungen vorgehen. Im Falle einer Meldung darf es zu keinen Nachteilen für die Betroffenen kommen. Die „Täter“, nicht die Opfer, gehören in die Verantwortung genommen. Die Lösung der verbreiteten problematischen Praxis soll nicht länger im „erzwungenen“ Jobwechsel liegen oder dadurch beantwortet werden, dass sich Mitarbeiter*innen (zu) viel gefallen lassen und zu Missständen und Machtmissbrauch schweigen, um ihren Job zu behalten.
Eine grundsätzliche Diskussion anzuregen und jene Strukturen kritisch zu thematisieren, die den von ihnen erlebten Machtmissbrauch ermöglichen bzw. begünstigen ist sehr wichtig. Warum sind die Arbeitsbedingungen in der öffentlichen Verwaltung, deren Führungsspitzen gerne von sich selbst behaupten, aufklärerisch und kämpferisch gegen Ungerechtigkeiten, anzutreten, so willkürlich, unberechenbar und inaktiv, wenn es zu Grenzüberschreitungen in den eigenen Bereichen kommt? Wie kann eine #MeToo Bewegung in der öffentlichen Verwaltung, bei all den Datenschutzauflagen, ins Leben gerufen werden? Kann eine nationale Meldestelle die verkrusteten Strukturen der öffentlichen Verwaltung aufbrechen?
© Brigitte_S 2021-08-02