Wasser – das helle Monster

Marianna Vogt

von Marianna Vogt

Story

Lorenz war ein richtig herziger Lausbube. Immer fielen ihm neue Streiche ein und brachte seine Eltern manchmal schier an den Rand der Verzweiflung. Trotz allem – böse konnten sie ihm nie sein.

Christiane, die Mutter von Lorenz hatte ihre liebe MĂŒhe ihn zu baden. Freiwillig stieg er sowieso nie in die Wanne.Lorenz machte sich einen Spaß daraus, wenn Fliegen, MĂŒcken oder sonstiges Insektenvieh ihm um die Nase flogen. Da rannte er freudestrahlend in die KĂŒche, strahlte seine Mutter mit seinen grĂŒnen Augen schelmisch an: «Mamma schau, Lorenz hat seine fliegenden Freunde mitgebracht.»Die Mutter schĂŒttelte jeweils nur unverstĂ€ndlich den Kopf, nahm Lorenz bei der Hand und stellte ihn in die Badewanne, wo sie ihn abbrauste. Alles quengeln nĂŒtzte nichts – Christine hatte ihren Schlingel fest im Griff.

Norbert, sein Vater, wollte dem Geheimnis des Waschstreiks auf die Schliche kommen. Eines Tages, nach dem Abendessen nahm er Lorenz bei der Hand. «Lorenz, hast du dich im Spiegel angesehen? So wirst du nie ein MÀdchen als Schulfreundin bekommen!»Lorenz lÀchelte seinen Vater verstohlen an. «Ich will keine Freundin haben. MÀdchen sind doof. Ich will so sein, wie mein Freund Zulu.»«Warum wie Zulu, was hat er, was du nicht hast mein Sohn?», fragte Norbert und schaute ihn fragend an.Wie aus der Pistole geschossen, entgegnete Lorenz: «Zulu muss sich auch nie waschen!»Christine brach jetzt in schallendes GelÀchter aus. Norbert stand noch verdutzter da und sah sie schulterzuckend an.«Zulu ist aus Angola und dunkelhÀutig. Neulich beim Elternabend in der Schule habe ich seine reizenden Eltern kennengelernt», löste Christine das RÀtsel ihres Sohnes auf.

1857 wurde vom Lenzburger Johann Rudolf Ringier die «Savonnerie Lenzbourg» gegrĂŒndet. WĂ€hrend fast 130 Jahren wurden Kernseifen, hochwertige Körperseifen, Waschpulver und Flocken produziert.

In der Sonderausstellung «saubere Sache» wird vieles ĂŒber die faszinierende Seife erzĂ€hlt.Beim Eintritt ins Museum forderte mich eine sympathische Frauenstimme auf, meine HĂ€nde reinzuwaschen. Was ich mit grossen VergnĂŒgen tat. Die Seife duftete so herrlich nach frischen Rosen!

Ich habe gar nicht gewusst, dass die konventionelle Seife aus tierischen und pflanzlichen Ölen und Fetten durch Verseifung mit Natron- oder Kalilauge hergestellt wurden. In den 200-kg-EisenfĂ€ssern lagen unter anderem Rindertalg, Schweineschmalz und Kokosöl.Und wenn man sich vorstellt, dass aus dem Kernseifenkessel abgezogene heiße Seife in Platten zu 50 Kg gegossen wurden und durch AbkĂŒhlung verfestigt. Wahnsinn, oder?

In den 1940 Jahren wurden die SeifenstĂŒcke alle von Hand gewickelt und in Faltschachteln verpackt. Flinke FrauenhĂ€nde waren gefragt. Dies endete jedoch in den 1960er- Jahren, als die Wickelmaschinen auf den Markt kamen.

Ein spektakulĂ€res Ende nahm das FabrikgebĂ€ude 1983, als es durch die militĂ€rische Sprengaktion «Operation Feuervogel» dem Erdboden gleichgemacht wurde.‹

© Marianna Vogt 2021-08-26

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