von Anna-Lea Bentke
Am 1. Oktober 2019 betrat ich einen Raum voller Frauen. 20 Frauen mit denselben Ambitionen und Träumen wie ich.
Zwei unserer Lehrerinnen, beide Hebammen, baten uns, uns in einen Kreis zu stellen und reichten eine Babypuppe herum. Wer die Puppe in der Hand hielt, stellte sich vor und erzählte kurz was sie dazu bewegt hatte Hebamme zu werden.
Mir wurde mit jeder Mitschülerin, die ihre Geschichte erzählte klar, dass ich am richtigen Ort war. Dass ich die Menschen gefunden hatte, die so waren wie ich, wahre WeHen. Nicht nur hielt jeder die Puppe mit absoluter Sicherheit und ganz natürlich das Köpfchen stützend, es war auch klar, dass der Weg zur Hebamme nicht etwa bei der Ausbildungs- oder Studiumssuche beginnt, sondern lange vorher als langjähriger Traum oder Neigung.
Nicht nur die Arbeit mit Babys, was die meisten Menschen als Erstes erwähnen, wenn sie über Hebammerei sprechen, sondern viel mehr auch die Arbeit mit der Frau. Nicht nur eine Ansprechpartnerin beim Mutterwerden zu haben, sondern eine Vertraute, eine Wegbegleiterin. Nicht zu vergessen die absolute Frauenpower die wir unterstützen dürfen. Die Liebe zu den Gebärenden, die wir würden Begleiten dürfen. Ich fühlte mich in all diesen Schilderungen so komplett verstanden und gehört wie noch nie.
„Sie sind wie Ich,“ das war mir klar.
Irgendwann kam die Puppe bei mir an, sie hatte ein stolzes Gewicht von 3500g; ein realistisches Kindsgewicht eines reifen Neugeborenen. Ich erzählte, was mich bewegte. Dass es in meiner Familie ständig neue Babys gab und wie sehr mich die Schilderungen über die Schwangerschaften und Geburten meiner Tanten, schon als kleines Mädchen brennend interessiert hatten und wie ich es mochte vorbeizukommen und ihnen zu helfen sich, um die Kinder zu kümmern, leider ein Interesse, das nicht viele Kinder teilen, weshalb ich es nie in Betracht zog mich mehr damit zu beschäftigen bis meine Mutter meinte, ob es mich nicht interessieren würde Hebamme zu werden. Seltsamerweise war mir der Beruf Hebamme nie als etwas in den Sinn gekommen, was man tatsächlich lernen konnte. Mit der Anregung meiner Mutter war der Stein ins Rollen geraten und je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir: „Genau das möchte ich!“
So fing meine Reise zur Geburtshelferin an. Ein Funken Leidenschaft und ein Netz von wundervollen Frauen an meiner Seite. Wir waren hoffnungsvoll und aufgeregt, hatten aber keine Ahnung wie schwer dieser Weg noch werden würde und wie viele von uns in Situationen geraten würden in denen andere versuchen würden, unsere Leidenschaft zu ersticken. Doch genau diese Leidenschaft war das, was uns immer antrieb durchzuhalten.
Für uns. Für Frauen. Für den Traum.
© Anna-Lea Bentke 2023-01-02