Weibliche Leidenschaft

SusanMary

von SusanMary

Story

Zum Fußball bin ich gekommen, wie…na, ich strapaziere auch mal das Sprichwort “wie die Jungfrau zum Kind“. “Fußball” war die ersten 18 Jahre meines Lebens nur ein Wort. Denn unter Sport konnte ich dieses Männergewusel, bei dem geknutscht, geschimpft, gefoult und danach gesoffen wird, nicht reihen.

Das Schicksal wollte es, dass ich mich diesen Vorurteilen stellen musste, um den tiefen Sinn dieses so animalisch wirkenden Sports zu erkennen. Obwohl – animalisch ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, denn Fußball wurde ja erst erfunden, als die Menschheit bereits aufrecht gehen konnte.

Mir fällt im Moment leider das passende Wort nicht ein, das jene Aktionen beschreibt, in denen man den Urinstinkt des Männlichen zu spüren bekommt…so kräftig, dominant, schwitzend, körperbetont, antriebsstark, –

wenn Mann einem Ball nachläuft.

Aber ich kann auch ohne dieses Wort über meine Fußball-Schicksalsjahre berichten:

18 Jahre jung, verliebte ich mich in einen Fußballer und wurde – Schritt für Schritt – fußballbegeistert. Wahrscheinlich war das auch die – zwar nicht dezidiert ausgesprochene – aber als Damoklesschwert über meinem Kopf schwebende Aufnahmeprüfung, die testete, ob ich eine würdige Fußballfrau sein könnte. Die Namen der Spieler der Nationalmannschaft hatte ich intus und vor dem Fernseher getraute ich mich schon bald, ein nicht gegebenes Abseits lauthals zu reklamieren. Dem verwunderten Blick meines Zukünftigen folgte dann meistens: “Na schau, aus dir wird ja no wos!” An welcher Frau geht solch ein zu Herzen gehendes Kompliment spurlos vorbei? Die Weichen waren gestellt…

Es folgte eine lehrreiche Zeit. Die Bedeutung des Wortes “fremdschämen” habe ich nicht nur rein theoretisch erlernt, sondern praxisnahe bei jedem Live-Match in meinen Lehrplan integriert. Weibliche Fußballfans – eine Zunft, der ich nicht angehören will. NIE! Lieber lebe ich meine Begeisterung im Ausland (vorzugsweise in England) oder daheim im stillen Kämmerlein vor dem Fernseher im Geheimen aus. Ich werde mich NIEMALS outen. Niemals, wenn es bedeutet, dass man sich einen Vokabelschatz anlegen muss, der eines gewissen Talentes bedarf und nur durch die dazugehörige Körpersprache richtig intoniert wird. Was dem Dirigenten der Dirigentenstab, ist dem wortgewaltigen weiblichen Fußballfan der Regenschirm. Er dient dazu, Drohungen zu unterstreichen, indem er wie ein Schwert vor einem möglichen Angriff gen Himmel gerichtet wird. Drohungen werden vorzugsweise gegen den Lieblingsfeind, den Schiedsrichter gerichtet. Nicht nur verbalen Attacken muss sich dieser stellen… – wozu wäre denn der Schirm sonst gut?

Ich verstehe es bis heute nicht, warum ein Schiedsrichter “schwarze Sau” und die Peinlichkeit, wenn ein Ball zwischen den Beinen eines Kontrahenten seinen Weg sucht, “Gurkerl” genannt wird. Bemüht euch BITTE auch nicht, es mir zu erklären. Ihr müsst wissen, dass ich Fremdsprachen schwer erlerne…

© SusanMary 2020-06-28

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