Weiße Pferde

Ulrike Kleindienst

von Ulrike Kleindienst

Story

Pferde hatten für mich immer schon große Anziehungskraft. Ich muss noch sehr jung gewesen sein, ein kleines Mädchen eben, als gerade die Weißen unter ihnen schon etwas ganz besonderes für mich waren. Ein Ausflug nach Piber, ins Sommerquartier der Lipizzaner, ist mir heute noch in besonderer Erinnerung.

Damals haben sich meine Träume in den wehenden Mähnen verfangen und sind mit ihnen über die satten grünen Wiesen davongeflogen. Immer wieder sind sie zurückgekommen und haben mich eingefangen, um weiter zu fliehen und nach und nach immer wieder bei mir anzukommen.

Träume, die oft geträumt werden, bekommen ungeahnte Kräfte und so kam es, dass ich als erwachsene Frau, endlich mein erstes eigenes weißes Pferd im Stall hatte. Aus heutiger Sicht kommt mir die pferdelose Zeit meines Lebens irgendwie langweilig vor. Obwohl es nicht stimmt! Denn es war genug zu tun. Familiengründung, Muttersein, Nestbau, Beruf usw. haben mich mehr als ausgelastet. Aber irgendwie hat mir doch immer noch etwas gefehlt und ich war zutiefst beglückt, als mich mein Traumpferd gefunden hatte. Es war eine wunderbare Zeit. „Eine Volte zurück in die Vergangenheit. Ein in mich aufnehmen der Gegenwart.“ Endlose Ritte durch die Waldviertler Landschaften, beglückender Galopp über Stoppelfelder und besinnliches Verweilen in Pferdeherden haben mich geerdet und einen großen Teil zu meinem Weg beigetragen.

Pferde sehen mit dem Herzen und haben das emotionale Wissen von Generationen tief in ihren Zellen gespeichert. Archetypisch stehen sie für Freiheit, Klugheit, Kraft, Schnelligkeit, Treue und vieles mehr.

Heute ist Allegra 27 Jahre alt. Sie ist einfach da und baut Brücken zwischen Menschen, Brücken zu Emotionen und versteht sich prächtig auf die Kunst des seligen Nichtstuns. Eigentlich ist sie schon lange in Pension aber hin und wieder hilft sie mir nach wie vor bei meiner pädagogischen Arbeit und stellt sich bereitwillig und arglos als riesige Projektionsleinwand für die Gefühle und Träume zur Verfügung.

Wie damals die Lipizzanerstuten, die mit ihren Fohlen über die endlosen, grünen Weiden galoppiert sind.

© Ulrike Kleindienst 2021-04-17

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