von Amelie Flöter
Ein Wort. Ein Satz. Ein Lachen oder ein Blick, der alles sagt. Du versuchst wegzuhören, woanders hinzuschauen, die Mauer hochzufahren, die du selber angefangen hast aufzubauen, aber dafür ist es längst zu spät. Die Gedanken rasen durch deinen Kopf und wirbeln wie ein Sturm durch dich hindurch. Du fühlst dich dreckig, klein, allein und im falschen Körper gefangen. Bei jeder Kleinigkeit zieht und reißt es an dir, erinnert dich an das Essen und die Kalorien, an die Waage am Abend und den regelmäßigen Sport. Dein Spiegelbild gefällt dir nicht, dabei siehst du nur dich selbst, aber das ist nicht genug auf dieser verdammt großen Welt. Die Gedanken werden drängender und manipulieren dich innen drin, bringen dich zum verrückt werden und gehen nicht mehr aus dem Sinn. Du isst weniger, machst mehr Sport und trotzdem ist es irgendwie nie genug.
Alles wird anstrengender und schwerer. Das Bett am morgen fühlt sich zu gut an, um aufzustehen, wieso bleibe ich nicht einfach liegen, warum?
Ganz einfach, weil Frauen das nicht tun. Weil wir dafür kritisiert werden schwach und psychisch labil zu sein. Wir dürfen nicht zeigen, wie es in uns aussieht, denn so machen wir uns angreifbar, leichte Beute, die man sich schnappen kann. Also machen wir weiter tagein, tagaus. So fällt niemandem auf was ein einziges Wort in uns auslöst, unsere Gedanken zum Wirbeln und unser äußeres zum Verstummen bringt.
Die Blicke, der Ausdruck auf dem Gesicht und das gelegentliche berühren an bestimmten Stellen unseres Körpers fallen uns auf, aber wir sagen nichts. Wir sagen nicht, wie wir uns fühlen, was wir wahrnehmen und das das, was sie tun, nicht richtig ist. Aber egal was es ist, wir werden abgestempelt als überempfindlich, als Lügnerinnen, die sich wichtig machen wollen oder als dramatisch. Wir haben Angst die Wahrheit zu sagen, denn irgendjemand stellt uns immer als Lügnerinnen dar und dann heiß es Wort gegen Wort.
Die Gesellschaft legt fest, dass Männer immer die Wahrheit sagt, aber das stimmt nicht. Sie können aggressiv, manipulierend und verunsichernd sein und machen uns als hübsche dumme Lügnerinnen klein. Wir sind hochsensibel und es ist doch nur eine einzige Berührung, die zufällig ist. Aber dann wird aus einer zwei, dann drei und irgendwann hören wir auf zu zählen, weil es doch nichts bringt.
Ich bin es leid für meine Meinung kämpfen zu müssen. Ich bin es leid nach meinem Äußeren bewertet zu werden. Ich bin es leid als Gegenstand behandelt zu werden, als wäre ich klein und dumm. Ich bin es leid Angst zu haben. Ich bin es leid immer für meine Interessen kämpfen zu müssen und dabei von jedem beurteilt zu werden, von jeder Seite Kommentare einstecken zu müssen und dabei mein Äußeres so wirken lassen, als kümmere mich die Meinung der anderen nicht. Das sind Standards, die jeder haben sollte, doch eine Frau erreicht das nicht.
Die Gesellschaft hat nicht das Recht zu entscheiden, wer welchen Titel verdient. Es geht nicht um Geschlecht, Aussehen oder Geld, sondern einzig und allein um das was ein Mensch sich selbst an Anerkennung erkämpft und verdient.
© Amelie Flöter 2025-03-10