Zusammenbruch – der Spiegel zerspringt: All diese GefĂĽhle kehrten in ihrem Traum mit voller Wucht zurĂĽck. Florentine griff nach einem Stuhl und schleuderte ihn gegen einen der Spiegel. Ein greller Blitz. Ein lauter Knall. Sie wurde zu Boden geschleudert. Ăśberall Augen – Friedrichs Augen – doch sie sahen ’nicht sie‘ an. „Friedrich! Friedrich, sieh mich an!“ Tränen liefen ihr ĂĽbers Gesicht. Ihr Körper zitterte, sie war kraftlos. Wie ein nasser Sack fiel sie zu Boden – durchtränkt vom Meer aus Tränen, Angst und Verzweiflung. Nichts hatte sie unter Kontrolle. Nichts konnte sie erzwingen. Sie fĂĽhlte sich verloren. War sie verloren?
Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren: Florentine schloss für einen Moment die Augen. Der Traum war noch nicht vorbei. Als sie sie wieder öffnete, war sie an einem anderen Ort. Dort, wo Himmel und Erde sich fast berührten. Unter ihr tobte das Meer – wild, aufgewühlt, laut. Ein Spiegel ihrer inneren Welt. Da hörte sie die Stimme der magischen Blume. „Du musst nicht springen.
Du darfst loslassen. Akzeptiere, dass Friedrich dich nicht sehen kann. Er war nicht für dich bestimmt – er war ein Wegweiser. Er war der, der den Schlüssel zu deinem Herzen trug.“ Florentine lauschte still. „Durch den Schmerz, den du mit ihm erlebt hast, konntest du zu mir finden – zum Haus deiner Oma, zu deiner Vergangenheit. Und nun zu deiner Bestimmung. Vertraue. Vertraue dir. Vertraue dem Leben
Selbst-Erkenntnis – und das erste Mal sehen: „Warum konnte ich mich nicht im Spiegel sehen? Warum sah ich nur Friedrich? Warum sieht mich niemand?“ Die Blume antwortete sanft: „Florentine, der Spiegel zeigt nur, was in deinem Inneren ist. Du hast dich selbst nie gesehen, weil du dich nie ‚angenommen‘ hast. Du hast gehofft, dass ein anderer das fĂĽr dich tun wĂĽrde.
Doch erst, wenn du dich selbst erkennst, wirst du auch gesehen.“ Florentine weinte – diesmal Tränen des Verstehens. Musste sie fast vierzig Jahre alt werden, um zu erkennen, wie wundervoll sie eigentlich war?
Ein Traum – und der erste Schritt zur Heilung: Es war ein Traum, der Florentine in die tiefste Wahrheit führte. Zu ihren Ängsten. Zu dem, was sie immer verstecken wollte. Fast wäre sie im Meer ihrer Tränen ertrunken – doch sie hielt stand. Langsam beruhigte sich das Meer. Die magische Blume flüsterte ihr leise Affirmationen zu. Florentine schwebte im grünen Blatt, das sie sanft hin und her wiegte. Und endlich… verfiel sie in einen ruhigen, erholsamen Schlaf.
© Christine_Bernstein 2025-04-07