Weiße Rosen

Heute habe ich dir Blumen gekauft.

Weiße Rosen zu deinem Geburtstag.

Sind sie bei dir angekommen? Ich kann es mir kaum vorstellen.

Nur eins von vielen Geschenken, die du nie bekommen; Glückwünschen, die du nie hören; Danksagungen, die du nie aussprechen wirst.

Ich weiß das.

Und trotzdem habe ich sie gekauft, kaufe sie jedes Jahr wieder und habe dabei nicht mal eine Ahnung warum. Sie lassen den Schmerz nicht verschwinden, machen diesen schrecklichen Tag, an dem wir früher doch immer glücklich und zusammen waren, weder besser noch erträglich. Sie lassen mich dir nicht nahe fühlen, sondern zeigen mir mit jedem Wort, dass ich an die Luft richte, mit jeder Frage, die du nicht beantworten kannst, nur deutlicher wie weit du von mir entfernt bist.

Warum also liegen sie da?

Weiße Rosen auf dunkler Erde.

Erde, die alles bedeckt, was von dir noch geblieben ist. Alles, was man noch sehen, fühlen oder wiedererkennen könnte. Du bist schon so lange fort, dass der Alltag die Lücken, die du hinterlassen hast, mit Aufgaben gefüllt hat. All diese Kleinigkeiten, in denen du so unverkennbar gesteckt hast, sind über viele Jahre so verändert, weiterentwickelt und angepasst wurden, dass ich dich darin kaum noch erkenne. Die Zeit alles, was von dir noch übrig war überschattet und verblassen lassen, hat dich unter dieser Erde versteckt. Unerreichbar.

Aber irgendwie auch nicht.

Du bist ein Gesicht auf Bildern, die man zufällig findet. Ein Gedanke – schön, lustig, traurig- der kommt und wieder vergeht. Flüchtig, aber niemals verloren.

Du bist eine Stimme, die nur noch in Erinnerungen sprechen kann. Eine Hälfte im Kleiderschrank voller Kleidung, die niemand je wieder tragen wird. Verstaut, aber aufgehoben.

Du bist ein angekreuzter Tag im Kalender, der nie übergangen wird. Ein Strauß Blumen im Jahr, abgelegt vor einem Stein, auf dem dein Name steht. Unempfangen, aber trotzdem für dich.

Weiße Rosen, auf einem Friedhof.