von Traude Rostrose
Wir haben Besuch von unseren Freunden Clara und Frank. Wir sitzen am Wohnzimmertisch, plaudern, trinken Kaffee, essen Obsttorte und genießen die Frühlingsluft, die beim Fenster hereinweht. Auch eine Fliege verirrt sich durchs Fenster in unser Haus – und will sich auf Franks Tortenstück niederlassen. Er wedelt mit der Hand, dabei kippt seine Kaffeetasse um, und auf dem weißen Tischtuch bildet sich ein brauner Fleck.
Frank sieht betreten drein und entschuldigt sich vielmals. Clara bietet uns an, das Tischtuch zum Waschen nach Hause mitzunehmen.
„Lass nur“, sage ich. „Ich geh‘ in den Garten, pflück‘ mir ein bisschen Waschmittel und werfe das Tischtuch schnell in die Maschine. Dann ist es bald wieder weißer als weiß.“
Clara und Frank sehen mich verständnislos an. „Du … pflückst dein Waschmittel?“ –
„Ja, ich wasche meine Wäsche seit drei Jahren nur noch mit Efeu.“ Ich muss über die ungläubigen Gesichter grinsen. „In herkömmlichem Waschpulver ist Palmöl enthalten. Dafür wird Regenwald abgeholzt. Flüssige Waschmittel enthalten mehr Chemikalien. Dadurch werden Kläranlagen und Gewässer stärker belastet als durch Pulver. Das alles erzählt einem die Werbung natürlich nicht. Die behaupten nur, dass ihre Waschmittel ‚weißer als weiß‘ waschen. Und die sogenannten „Pods“ oder „Caps“ kann man noch nicht einmal dosieren. Also habe ich nach Alternativen gesucht – und bin auf Efeu gestoßen! Er enthält Saponine – das sind waschaktive Substanzen – genau wie die indischen Waschnüsse.Efeu gibt es in unserem Garten genug. Er kostet uns keinen Cent und wir haben niemals Verpackungsmüll.“
„Wird die Wäsche dadurch nicht grün?“, erkundigt sich Frank. Und Clara will wissen. „Wie geht das überhaupt, wirfst du die Efeublätter einfach in die Maschine? Und riecht das nicht unangenehm?“
Jetzt mischt sich auch mein Mann in das Gespräch ein: „Sieh dir das Tischtuch an. Es ist schon mehrmals mit Efeu gewaschen worden. Es ist weiß und riecht gut. Wir waschen auch die Bettwäsche und meine Hemden damit. Weiße und bunte Wäsche – egal ob heiß oder kalt.“
„10 Efeublätter in ein Wäschenetz, in die Maschine damit, fertig!“, ergänze ich. „Und gespült wird nur noch mit Essig. Seither brauchen wir keinen Kalklöser, die Wäsche wird weich und die Maschine verschlackt nicht mehr. Wenn wir Duft wollen, nehmen wir einen Tropfen Lavendelöl, wenn ein Fleck hartnäckig ist, kommt Gallseife oder Waschsoda zum Einsatz. Ganz einfach – und naturbelassen.“
„Wie bei meiner Oma“, stellt Clara staunend fest. „Damals haben sie noch umweltfreundlich Wäsche gewaschen. Und ihre Wäsche war auch immer sauber und hat angenehm gerochen. Aber seit uns die Werbung mit Super-Waschkraft und Wäscheduft bombardiert …
„Genau“, sage ich, „und ich lass mich einfach nicht mehr bombardieren.“ Mit diesen Worten entschwinde ich in den Garten, während mein Mann und unsere Gäste das Tischtuch abziehen. Ich pflücke gleich ein paar Efeublätter mehr – für Clara und Frank.
© Traude Rostrose 2021-05-11