WeiĂźt du, Papa?

PoeSy

von PoeSy

Story

Vor fast 40 Jahren standen wir an deinem Grab und mussten akzeptieren, dass du nicht mehr bei uns bist. Oder doch? Sicher bist du immer irgendwie um mich, hast mich vor dem einen oder anderen Unheil bewahrt und mich beschützt, wie Väter das so tun. Trotzdem hast du immer gefehlt. Du weißt ja, dass wir beide uns sehr ähnlich sind, ich habe viele deiner Gene geerbt. Mit deinem Feingefühl, deiner Sensibilität hast du mich selbst dann verstanden, wenn Mama bereits aufgegeben hatte, Verständnis für mich aufzubringen. Dein trockener Humor, der uns alle stets zum Lachen bringen konnte, auch wenn eine Situation vielleicht so überhaupt nicht zum Lachen war, ist mir gut in Erinnerung. Heute noch, wenn ich nahe am Verzweifeln bin, überlege ich was du jetzt wohl gesagt hättest, und fast immer kann ich schmunzelnd akzeptieren, was gerade nicht zu ändern ist!

Heute, an deinem Todestag, denke ich besonders an dich! Wir hatten damals noch alle miteinander Weihnachten gefeiert, und jedem war bewusst, dass es dein letztes Fest sein wĂĽrde. Von deiner Krebserkrankung schwer gezeichnet, aber sehr gefasst, hattest du deine gesamte Familie noch einmal um dich versammelt. Noch einmal miteinander Zeit verbringen, Gespräche fĂĽhren, mit deinen Enkelkindern lachen, das war wohl dein letzter Wunsch, und du hast durchgehalten! Nach den Weihnachtsfeiertagen war dann deine Kraft zu Ende…

Ich erinnere mich heute aber auch an so viel Schönes, Spannendes und Lustiges, das ich mit dir erleben durfte. WeiĂźt du, dass ich deine Liebe zur Natur, und vor allem zu den Bergen, weiterlebe, weil du dieses Samenkorn gesät hast? Sicher „begleitest“ du mich ohnehin immer wieder einmal durch die Natur und freust dich, dass ich darin die gleiche ErfĂĽllung finde wie du frĂĽher! Schon als ich noch ganz klein war, nahmst du mich an der Hand und gingst mit mir in den Wald, um mir Fauna und Flora zu erklären. Später dann hast du mich auf Berggipfel geschleppt, auch wenn ich mich nicht immer dafĂĽr begeistern konnte. Was haben wir doch alles miteinander erleben dĂĽrfen! Erst viel später habe ich begriffen, welch groĂźe Werte du mir mitgegeben hast!

Niemals hätte ich wohl Rad- oder Schifahren gelernt, hättest du es mir nicht beigebracht. Mit einer, dir so eigenen, unendlichen Geduld. Weißt du noch, dass wir beide das beste aller Federballspiel-Teams waren? Nicht immer waren wir beide einer Meinung, und wir hatten selbstverständlich auch unsere Krisen! Als ich kurz nach bestandener Fahrprüfung, meinen R5 an einen Baum lehnte, meintest du, ich solle besser meinen Führerschein zurückgeben! Damals war ich sehr böse auf dich! Du hast aber dann dafür gesorgt, dass mein Auto repariert wurde. Bist du inzwischen nicht auch davon überzeugt, dass aus mir eine sehr passable Autofahrerin geworden ist?

Du warst leider viel zu kurz in meinem Leben, aber ich habe dennoch so viele schöne Erinnerungen an dich! „Des hast vom Papa! Von mir hast des nett!“, sagte Mama oft zu mir. WeiĂźt du, dass ich sehr dankbar fĂĽr all das bin?


© PoeSy 2024-12-27

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional