Weitere Seilbahn-Erlebnisse

Walter Lepuschitz

von Walter Lepuschitz

Story

Wir waren zu dritt in SĂĽdtirol Schifahren in einer Woche, die man in Ă–sterreich seit den frĂĽhen Siebzigerjahren „Energieferien“ nennt. Das war die Zeit der ersten Erdölkrise und die Schulen und Ă„mter wurden fĂĽr eine Woche geschlossen, um sich das Heizen zu ersparen. Deshalb die Bezeichnung „Energieferien“. Dass die Menge Ă–l, die dabei eingespart wurde, ein Klacks war gegen die Menge, die durch den Auspuff der Nation geblasen wurde, um in dieser einen Woche richtig Ferien zu machen, um hin und wieder zurĂĽck zu gelangen, ist eine andere Geschichte. Immerhin gibt es diese Bezeichnung fast fĂĽnfzig Jahre später immer noch.

Fast zwanzig Jahre nach der Einführung der Energieferien waren wir also in Südtirol zum Schifahren. Und hatten dabei das Glück, dass wir gleich an einem einzigen Nachmittag zwei Gondelerlebnisse hatten, die hier erzählt werden sollen. Und in beiden Fällen in einer Gondel der Seilbahn, die vom Grödner Tal auf das Grödner Joch führt.

Zunächst saßen wir in einer Gondel gemeinsam mit zwei bayrischen Mädels, resch und so um die zwanzig und offensichtlich – wie man aus den Erzählungen schließen konnte – mit einer größeren Gruppe unterwegs. Und immer wieder war dabei die Rede vom Rudi, der offenbar ein besonderes Mitglied dieser Gruppe war.

Ăśblicherweise gebe ich Dialoge nicht im Dialekt wieder, weil man die sprachliche Realität selten korrekt in Buchstaben fassen kann und es manchmal auf kleinem Raum schon unterschiedliche Sprachfärbungen gibt. Aber hier geht’s nicht anders. Das Mädel auf der bergwärts-Seite der Gondel: „Heit obend gibt’s Spoghetti! Do wird der Rudi wieder zuaschlogn.“ Das Mädel vis-a-vis nickte und lieĂź hören: „Wos der verschlicht, dös packst fei nit.“

Bei der nächsten Auffahrt waren wir gemeinsam mit einem Paar unterwegs, das in heutigen Corona-Zeiten altersmäßig schon deutlich Risikogruppe wäre. Der Mann, stattlich und mit dichten weißen Haaren, Ruhe und Gelassenheit in Person, sah so aus, wie ich mit Worten in einem Roman den mir ideal scheinenden Großvater beschrieben hätte. Die Frau war klein und sehr schlank und schien mir weder gute Laune noch besonders positive Ausstrahlung zu haben.

Beide sahen in verschiedene Richtungen aus den Fenstern. Plötzlich wandte er sich ihr zu und fragte: „Haben wir heute Montag oder Dienstag?“

Ihre Antwort war ein langer Redeschwall etwa des Inhalts, wie senil und dement er denn schon wäre, dass er das nicht wisse und im Übrigen sei heute Dienstag.

Ich wusste nicht, auf welche Seite ich schauen sollte, wäre es mir nicht gelungen, das Lachen zu unterdrücken. Es war Mittwoch.

© Walter Lepuschitz 2020-05-01