Wellenspringen

Heinz-Dieter Brandt

von Heinz-Dieter Brandt

Story

Eigentlich war die Bucht überschaubar. Was heißt das schon am Atlantik?

Der Strand erstreckte sich zu beiden Seiten gut 4 km, begrenzt jeweils von Felsen, die kleiner werdend, allmählich im Wasser verschwanden. Er war an diesem Tag – dem ersten Sonnentag nach vielen Regentagen – sehr gut besucht. Seine helle Farbe passte zu dem grünbläulichen Farbenspiel des Wassers. Und er lud ein zum Ballspiel und Baden.

Das Wasser war seicht – reichte mir und den Kindern auf die ersten 100 m bis zum Bauch – familienfreundlich. Wir kosteten Strand und Wasser genüsslich aus – wenngleich der Wellengang wenig prickelnd war.

Der war weiter draußen besser. Dort in ca. 400 m rasten die Wogen des Atlantik auf die Küste zu, brachen sich da draußen, um seichter werdend schließlich am Badestrand auszurollen.

Natürlich lockte dieser Riesenspaß meine Kinder, mich und viele andere Erwachsene.

Meine beiden Kinder (im vollen Saft der Teenager) konnten sehr gut schwimmen. Es schien kein Problem zu sein, diesem Spaß zu frönen. Wir wateten also durch brusthohes Wasser und warfen uns in die anlaufenden Wellen, nahmen jede mit, ließen sie über uns zusammenbrechen, zurücktreiben, um den nächsten Wellen entgegen zu rennen, erneut hochgehoben und Richtung Strand geschleudert zu werden.

Tosend flogen die Wellen über uns hinweg, immer wieder gefolgt von der nächsten und der nächsten. Unser Juchzen wurde nur vom Krach der donnernden Wogen übertönt – spiegelte den Spaß wider, von dem wir nicht genug bekommen konnten – vergaßen so Zeit und wohl auch Raum.

Bald juchzte neben uns niemand mehr! Sollten wir stutzig werden?

Das Wasser – eben noch bis an die Brust – mit Mühe konnten wir nun nur im Wasser auf Zehenspitzen stehen- den Kopf gereckt.

Wir drehten uns um – und sahen keinen Strand!

Das heißt keinen weißen Strand. Der Strand war schwarz und unendlich weit weg! Schwarz von Menschen, die aufs Wasser schauten

Hinter ihnen war ein Hubschrauber gelandet! Was war geschehen?

Ich bedeutete meinen Kindern zurück zu schwimmen. Wir überließen die Wellen sich selbst – versuchten an Land zu schwimmen. Das war leicht gesagt, offenbar zog irgendein Tier (Krake – Riesenfisch?) an den Füßen

Das WAR KEIN TIER! Das war MEERESSTRÖMUNG – und die zog RICHTUNG MEER. Unendlich langsam kamen wir voran. Erst jetzt begriff ich: der Hubschrauber war unseretwegen gelandet – wir waren knapp 1 km weggetrieben

Aus dem Pulk am Ufer lösten sich Gestalten mit leuchtend roten Westen – stapften in unsere Richtung, blieben aber jenseits eines vollgelaufenen Priels, den wir auf dem Hinweg durchwatet hatten. Er drohte mit seiner starken Meeresströmung uns erneut herauszuziehen, und während die beiden Mädels sich flach machten, kämpfte mein Körper in tieferem Wasser

Deutlich vernahmen wir die beruhigenden Worte der Rettungskräfte – mussten aber noch gut 20 Minuten kämpfen, bevor wir total erschöpft am Ufer ankamen.

Die Strandurlauber freuten sich. Sie klatschten.

Ich glaube nicht unseretwegen.

© Heinz-Dieter Brandt 2020-07-18

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