Wenn die Schule fehlt …

Katharina Sigl

von Katharina Sigl

Story

„Ob meiner Tochter die Schule fehlt?“ wurde ich erst vor zwei Tagen gefragt. Eigentlich ein blöde Frage, wenn ich darüber nachdenke. Eine von dieser Art Fragen, die man sich mit ein bisschen Empathie selbst beantworten kann. Würde uns denn unsere Arbeitsumgebung fehlen, wenn ebendiese von heute auf morgen wegbrechen würde?

Menschen, die Kündigungen hinter sich haben, wissen sicher wovon ich spreche. Natürlich geht es per se nicht um die Arbeitsumgebung. Denn mit diesem sperrigen Wort ebenso wie mit dem Wort Schule wird ein komplexes soziales System verbunden. Ein soziales System, dass uns entweder einschließt oder – und dazu kennt jeder von uns sicher einige Beispiele, schnell ausschließen kann.

Solch ein Ausschluss scheint dann leichter zu fallen, wenn man seine Beteiligung verstehen und nachvollziehen kann. Auch wenn man es in der Situation als ungerecht empfinden mag, aber wenn man einen goldenen Löffel gestohlen hat, dann hat das eben unangenehme Konsequenzen. Beteiligen sich Jugendliche und Kinder nicht am Unterricht oder gibt es eine stete Verweigerung zu lernen, dann hat das ebenso Konsequenzen. Konsequenzen, die Eltern vielfach nicht freuen, aber für einige Jugendliche und Kinder manchmal auch zu einer echten Erlösung führen können. Selbstverursachte Ausschlüsse, quasi. Ob das auch wirklich immer so ist und was getan werden könnte, damit es gar nicht so weit kommen muss, dazu gibt es bereits viele Überlegungen und konkrete Vorschläge von etlichen Expert/innen, die leider in irgendwelchen ministrablen Schubladen verrotten.

Für meine Paula stellt sich das Schulleben zum Glück anders dar: Sie fühlt sich im Großen und Ganzen gut aufgehoben, wird von ihrer Lehrerin gefordert und gefördert und kennt Ihre Platz nach vergangenen Rollenkämpfen in der Gruppe. Reibt sich mit den anderen Kindern, formt im Zusammenspiel mit den anderen ihr Sein und hat ihr Umgehen mit Menschen gefunden, die sie nicht wohlwollend behandeln. All das fehlt. Täglich.

Nicht das Sie glauben, es gäbe neben Home Schooling und Home Office keine Diskussionen bis hin zu Streitereien, die durchaus mit einem kräftigen Türknall – auch meinerseits – enden können. Nein, das nicht. Aber wir mimen weder einen Schulersatz noch den fehlenden Umgang mit den Kindern. Dieser Illusion geben wir uns nicht hin, selbst nach der dritten Woche Home Schooling nicht, in der wir uns schon ab und zu gerne auf die Schultern klopfen, uns ansehen und sagen würden: „Gut kriegen wir das hin“.

Dann aber öffne ich die Kinderzimmertüre und blicke den bunten Tatsachen entgegen. Paula liegt am Boden und hat aus Ihren Legoteilchen mit viel Liebe für´s Detail eine Schulklasse aufgebaut. Ich frage sie: „Wann ist denn große Pause?“ “ Später, Mama, denn die Anderen sind noch nicht da“ , antwortet meine Tochter und gibt mir zu verstehen, dass ich störe.

„Stimmt“, denke ich, lehne die Türe leise an und mache mich ans Schreiben.

© Katharina Sigl 2020-04-07

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