Wenn ein Kind fehlt…

Melly_Mojito

von Melly_Mojito

Story

Die Medien berichteten heute, dass Meghan Markle, die ehemalige britische Herzogin, ihre Fehlgeburt öffentlich gemacht hat. Britische Mediziner sind voll des Lobes für die Offenlegung ihrer Trauer, da Meghan Markle diesen Schritt bewusst gewählt hat, um anderen Frauen zu signalisieren, dass sie nicht alleine sind. In sämtlichen Berichten, die sich dem Thema Fehlgeburt widmen, liest man immer wieder, dass sich die betroffenen Frauen nicht trauen über ihren Verlust zu sprechen, da sie Angst haben, etwas falsch gemacht zu haben oder befürchten, dass ihr Körper nicht richtig funktioniert, um für eine Schwangerschaft gerüstet zu sein.

Einige Menschen betrachten ein Baby vor der 12ten Schwangerschaftswoche auch als reinen Zellhaufen, ein vorzeitiger Abgang sollte deshalb auch nicht überbewertet werden. Ebenso sieht der Gesetzgeber erst bei Totgeburten eine Grundlage für den „Mutterschutz“. Wenn eine Frau vor der 24ten Schwangerschaftswoche ein Kind verliert, war sie demnach noch nicht genug Mutter, um als schützenswert angesehen zu werden. Bei einem Todesfall in der Familie steht den Angehörigen, je nach Naheverhältnis, eine bestimmte Anzahl an Trauertagen zu. Nicht aber bei dem Menschen, der einer schwangeren Frau am nächsten ist. Wenn das Baby in ihrem Körper verstirbt, wird eine Trauerphase als nicht notwendig erachtet. Es war ja noch kein echtes Baby, da es für die Öffentlichkeit nicht sichtbar ist.

Trotzdem gab es einen Menschen, der es fühlen konnte, der ein Kribbeln im Bauch verspürte und diese unglaubliche Verbindung wahrnehmen konnte, als unterhalb des eigenen Herzens ein klitzekleines Herzchen schlug. Und plötzlich hört das kleine Herz zu schlagen auf. Der Mensch, der diesen großen Verlust ertragen muss, war eine Mutter – auch wenn sie offiziell nicht so bezeichnet werden darf.

Eine Fehlgeburt bleibt also weiterhin ein Tabuthema, weil sie eine Verletzlichkeit beschreibt, die von der Öffentlichkeit nicht anerkannt wird. Es gibt kaum Verständnis für die Trauer nach einem Menschen, der nicht existiert hat. Nur Frauen, die diesen Verlust selbst ertragen mussten, können ihn nachvollziehen.

Es macht mich betroffen, wenn Frauen dieses Erlebnis verdrängen, nur um nicht belächelt zu werden, da es noch kein echtes Baby war oder noch schlimmer, Angst haben, darüber zu sprechen, da sie glauben, etwas falsch gemacht zu haben.

Wegen all dieser Gründe braucht es tatsächlich Mut darüber zu reden. Aber dann erkennt man tatsächlich, dass man nicht alleine ist. Ich habe viele mutige Frauen in meinem Freundeskreis, die diese Erfahrung mit Meghan teilen und ich weiß, dass keine etwas falsch gemacht hat. Es ist Schicksal. Für manche Frauen ist es die brutalste Ungerechtigkeit, wenn es die einzige Chance war, für andere ist es ein erzwungenes Innehalten, um zu erkennen, dass das Leben nicht selbstverständlich ist.

In meinem letzten Mutter-Kind-Pass steht: Gravida: 3/Para: 1/ FrĂĽh-Abort: 1

Ein Kind fehlt.

© Melly_Mojito 2020-11-27