„Wirklich reich ist, wer mehr Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann“, lautet ein Zitat des deutschen Dichters Hans Kruppa. Mit diesem Motto bin ich Ende Januar 2019 für drei Tage zum Gathering der Foundation for Shamanic Studies USA nach Novato bei San Francisco geflogen. Im wahrsten Sinne des Wortes war ich hin und weg.
Bereits beim Check-in am Flughafen wurde ich gefragt, ob ich nach Hause fliegen würde. Ich musste schmunzeln, denn so fühlte es sich tatsächlich an.
Das Leben nimmt mich an die Hand und fĂĽhrt mich nach Novato, in die Unity Kirche, zu dem besagten FSS-Treffen, und die amerikanische Heilerszene ist sehr angetan von mir und bewundert meine lange Anreise extra aus Deutschland.
Vor kurzem hatten wir im Haus einen Rohrbruch, der die gesamte Eingangstür mitsamt dem Eingangsbereich gesprengt hat und alle Keller voll laufen ließ. Allerdings mit kristallklarem Wasser. Mit dem Geld von der Versicherung konnte ich mir diese Kurzreise ermöglichen, das war wortwörtlich ein „Aufbruch“ in jeder Hinsicht.
In eine neue Zeit.
In eine neue Welt.
Und doch ist mir diese Welt so vertraut.
Seit ich denken kann, will ich nach San Francisco. Diese hoch kreative, freigeistige, leidenschaftlich schöne Stadt vibriert und pulsiert, und ich atme sie ein, nein, ich inhaliere sie mitsamt ihrem „Free Spirit“.
Und so schaue ich, was mich die Tage hier erwartet und was das Leben mit mir vorhat.
Mein Shuttle, der mich nach Novato fährt, heißt Western Eagle. Die Fluglinie United. Das Hotel liegt am Entrada Drive und ist ein „Ascend Hotel“. Im Radio höre ich „There Can Be Miracles When You Believe“ aus dem Film „Der Prinz von Ägypten“, und am Abend treffen wir uns in der Union Chapel zum ersten Meet and Greet.
Am Ende des zweiten Versammlungstages tanzen wir alle zusammen den sogenannten Dreamdance oder Ghostdance, auch Visionstanz genannt. Insgesamt müssen wir wohl so um die 100 sein. Wir beginnen mit dem rituellen Kreistanz, und jeder, der will, kann sich aus dem Kreis lösen, sich in die Mitte bewegen und im Stillen auf Visionssuche gehen. Ich tanze und singe aber als einzige Frau bis zum Schluss. Am Ende sind nur noch ein Mann und ich aufrecht, alle anderen liegen. Mir fließen die Tränen bereits nach einer halben Stunde Tanz, und ich singe und tanze weiter, mit tränenerstickter Stimme. Ich „sehe“ lauter tote Indianer um mich. Wie damals beim ursprünglichen Ghostdance.Und „höre“ die klare Botschaft: „Bring dance back to the people“.Dann höre ich mit dem Abrufsignal auf. Und bleibe weiter stehen. Die Tränen laufen weiter still über meine Wangen. Ich zittere am ganzen Körper. Und sehe mich in eine andere Zeit katapultiert, als ich auf dem Feld voller toter Indianer stehe. Und bin selbst eine von ihnen.
Damit höre ich den Ruf meiner spirituellen Ahnen, die mich in „mein“ Land zurückrufen, damit ich dort wirke und helfe, die kollektive Wunde zu heilen.
Amerika ist meine Vision.
Mein Herz lacht vor Freude, denn es kommt nach Hause.
© Jessica Sanchez-Palencia 2021-01-21