denke ich an endlos lange Sommerferien, deren größten Teil ich im Schwimmbad verbrachte. 1951 wurde im Dorf ein Schwimmbad in den sumpfigen Boden gemauert, mit einer Liegewiese mit Holzpritschen und Holzkabinen. Von einem Bretterzaun und Zitterpappeln umgeben, war es eine Sensation. Obwohl wir zu Hause sonst knapp bei Kassa waren, erhielten wir Kinder eine Saisonkarte und waren oft von morgens bis abends im Schwimmbad – ohne Aufsicht. Nur der strenge Besitzer warf ein Auge auf uns. Um Nu lernten wir schwimmen und tummelten uns wie die Frösche im relativ kalten Wasser bis wir blaue Lippen bekamen. Die Attraktion war ein schwimmender Holzstamm, den es zu erklimmen galt, aber von dem man immer wieder abrutschte. Ohne Sonnencreme waren wir bald braungebrannt. Von Spätfolgen wußten wir nichts.
An der Kassa gab es Stollwerk und fruchtige Kaubonbons – Frit – zu kaufen. 10 Groschen das Stück. Dazu sprudelnder Hollersekt von daheim – unvergesslicher Geschmack des Sommers.
Wenn ich an Sommer denke, denke ich an Blaubeerpflücken und Pilze sammeln. Die Blaubeeren mit Milch und Zucker zerquetscht, die Schwammerl mit Salz auf der Herdplatte gebraten – unvergesslicher Geschmack des Sommers.
Wenn ich an Sommer denke, denke ich an weite Röcke und Nylonkleidchen, blumig und zart wie Elfengespinst. Nylon war ganz neu und musste nicht gebügelt werden, klebte allerdings auf der Haut. Trotzdem – unvergessliches Gefühl von sommerlicher Anmut.
Wenn ich an Sommer denke, denke ich an Heu wenden und Schobern – Gras auf Stangen hängen zum Trocknen. An Aufladen, den Pferden die Bremsen abwehren und das Heu auf dem Wagen festtreten – oft mit großer Eile bevor ein Wetter hereinbrach. Unvergesslicher Geruch von Heu und Schweiß! Zur Warnung vor einem Gewitter wurden die Kirchenglocken geläutet. Dazu das Gezirpe der Grillen und das Rollen des fernen Donners – unvergesslicher Klang des Sommers.
Wenn ich an Sommer denke, denke ich an lange Nachmittage auf einer Waldlichtung – unser Wiesl, wo wir mit Naturmaterialien Krämerladen spielten – die Buchenblätter waren das Geld, morsches Holz, Kakao. Für alles fanden wir das Geeignete. Dann wieder im Gras neben dem murmelnden Bächlein liegen und Wolkentiere beobachten, bis uns zu viele Ameisen bekrabbelten und bespritzten und die Bremsen unerträglich wurden. Unvergessliches Jucken des Sommers.
Barfuss im taufrischen Gras Blumen pflücken. Am Morgen im Bett liegend die Sense durch das Gras schneiden hören – später die Mähmaschine. Auf dem oberen Balkon im Schatten des Birnbaums auf dem Diwan liegen und stundenlang lesen. Die Nächte auch hier draußen im Mondlicht schlafen und ein bisschen gruseln. Unvergessliches Gefühl von Geborgenheit und Sehnsucht.
Ausflüge auf die Almen – Buttermilch trinken und ab und zu auch ein Kracherl und Lebkuchen mit frischer Almbutter essen. Himmlischer Genuss des Sommers.
Wenn ich an Sommer denke, denke ich nicht – ich koste, ich fühle, ich höre, ich sehe – ich bin!
© Christine Sollerer-Schnaiter 2021-06-17