von Astrid Holzinger
Ich kenne da so einen Mann, mit dem ich mal ganze 4 Wochen auf Urlaub war. VIER lange Wochen, also umgerechnet 28 Tage oder 672 Stunden. So lange konnte er nicht seiner großen Leidenschaft nachgehen: das Werkeln und Herumschrauben in seiner Werkstatt. Denn normalerweise ist mein lieber Reisegefährte außerhalb seiner Arbeitszeiten non-stop auf seinem Bastelgelände anzutreffen. Jawohl, es ist mehr als nur ein kleiner Hobbyraum oder eine Garage (Spoiler: Es sind nämlich zwei Garagen!). Das Areal umfasst so ziemlich alles, was das Autoherz begehrt inklusive Hebebühne (hab ich zu viel versprochen?), eigener Tischlerei, außerdem noch einen Extraraum – ich nenne ihn jetzt mal Pinselraum, weil ich dort mein selbstgemachtes Bücherregal (das zu großen Teilen er gebaut hat) angepinselt habe. Und zwei Garagen. Aja, die hab ich schon erwähnt. Nicht schlecht, oder?
Also dieser arme Mann konnte 40.320 Minuten nicht seine Werkstatt betreten und nach ungefähr 30.000 Minuten auf den hawaiianischen Inseln brannte es schon richtig stark unter seinen Fingernägeln. Er vermisste seine Werkstatt so sehr. Er vermisste das unter dem Auto mit Stirnlampe liegen und Rostflecken abdecken. Er vermisste das Basteln an seinem neuen Projekt, der Rakete, wie er sein Motorrad liebevoll nennt. Er vermisste sogar das stundenlange herumtüfteln an seinen Oldtimern und grantig werden, weil er den Fehler nicht findet.
Jetzt war er auf Kaua’i, der grünen Insel, mit seiner Lebensgefährtin und mir. Mit den zwei Damen, die auf für ihn unerklärliche Weise am Dornenvögelstrand ein Fotoshooting veranstaltet haben. Die das Tagesprogramm dann trotzdem so straff gelegt haben, dass er nicht einmal in Ruhe mit seinem Tolino am Strand lesen konnte. An manchen Tagen brachten sie ihn sogar um seinen heiligen Mittagsschlaf. Aber er beschwerte sich nicht. Er kutschierte sie von A nach B. Er hielt die Kamera für die unzähligen Fotos. Und eigentlich träumte er still und leise von seiner Werkstatt zu Hause. Nur noch 10.000 Minuten, dann wäre er wieder mit ihr vereint.
Der liebe Gott hat seine Gebete offenbar erhört. Oder, und das ist das wahrscheinlichere Szenario, unser Hahn im Korb hat den Mietwagen sabotiert. Damit endlich ein bisschen Werkstatt-Action passiert, versteht sich! Scherz beiseite. Das ist wirklich passiert: Wir haben schlichtweg nicht herausgefunden, wie man den Tankdeckel von unserem Leihwagen öffnet, haben dennoch dringend tanken müssen. Und beim herumprobieren bis wir den Hebel dann doch gefunden haben, könnte es passiert sein, dass sich ein Stück Plastik gelöst hat. Und wir damit DRINGEND in einen Baumarkt mussten. Es gab schließlich etwas zu reparieren!
Den Anblick werde ich nie vergessen: ihn vor den 5 Meter hohen Regalen im Walmart. Wo Dinge zum Vorschein kamen, von denen er bisher nur gehört hat. Gorilla Tape. Special Super Glue. Diese Männeraugen haben gefunkelt, das war ein Wahnsinn. Definitiv eines der Highlights auf Hawaii.
© Astrid Holzinger 2021-02-02