Wenn Plastik auf Weltreise geht …

Monika S. Paseka

von Monika S. Paseka

Story

Ich nahm eine Auszeit und erfüllte mir einen Herzenswunsch–Neuseeland. Mein Gastgeschenk war mein 6-wöchiger Arbeitseinsatz beim Department of Conservation, einer Umwelteinrichtung, kurz DOC genannt. Eines Tages sollte meine Gruppe einen Strand säubern. Wovon bitte? Es war der angeschwemmte Müll, der mich in die Realität zurückholte! Nach 5 Stunden Arbeit hatten wir 100kg Plastik in unseren Säcken. Wenn der Dotterel, ein vom Aussterben bedrohter, zarter, kleiner Vogel, der an Sandstränden nistet, bei der Futtersuche Plastik oder ein Stück Angelschnur verschluckt, erstickt es daran elendiglich. Ich war entsetzt und traurig, dass Plastikmüll ungehindert um die Welt schwimmen konnte. Wochen später beobachte ich die weltweit einzige Festlandbrutkolonie der königlichen Albatrosse auf der Otago-Halbinsel. Jährlich sterben mehrere 100.000 Albatrosse als Opfer von Langleinenfischerei und Plastikmüll, der im Meer umhertreibt. Albatros-Paare bringen durchschnittlich nur alle zwei Jahre ein Junges zur Welt, der Tierbestand sinkt. Glücklicherweise brüten mittlerweile ca. 140 Albatrosse regelmäßig in der Kolonie. Die Seevögel besitzen die Fähigkeit, ohne Zwischenstopp die Welt zu umfliegen. Als ich den Ort verließ, erhob sich ein königlicher Albatros und flog hinaus in die Weiten des Pazifiks. Einem Abschied gleich schwang er seine imposanten Flügel und bot mir einen unvergesslichen Anblick. Noch einmal begegnete mir ein Albatros … Gerade noch rechtzeitig bestieg ich einen Kleinbus, der mich zur Fähre nach Auckland bringen sollte. Der Bus war ziemlich voll, ich musste in der ersten Reihe Platz nehmen. Die Abfahrt verzögerte sich, zwei Männer standen noch im Freien, einer von ihnen offenbar der Busfahrer. Die beiden diskutierten angeregt über ein Foto auf einem Handy. Plötzlich bestieg der Mann mit dem Handy den Bus und hielt mir wortlos, ohne Vorwarnung, das Foto unter die Nase. Ich war geschockt darüber, was ich ungewollt zu sehen bekam, mir wurde schlecht. Ich war in einer Art Schockstarre und hörte vorerst nicht, was der Fremde erzählte. Er ging von Reihe zu Reihe und wiederholte seine Aktion. Langsam begriff ich, worum es ging. Das Foto zeigte einen toten, königlichen Albatros, dessen Körper geöffnet wurde, um das Unvorstellbare vorstellbar zu machen. Der Rumpf des Tieres war vollgepumpt mit Plastik, mit dicht ineinandergeschobenen Plastikfragmenten. Der vom Aussterben bedrohte Seevogel war qualvoll daran erstickt. Ein Tier, das sich in den unendlichen Weiten der Ozeane seine Nahrung sucht, weit weg von jeglicher, menschlicher Zivilisation. Das Foto ist unauslöschlich in meinem Kopf verewigt. Heute versuche ich so gut wie möglich Plastik zu vermeiden, denn es gibt Alternativen. Plastik verrottet nicht! Kein Lebewesen kann Plastik schadlos verdauen, kein Tier, kein Mensch – auch MUTTER ERDE nicht! Sie ist unser ALLER Zuhause, unser einziger Lebensraum, wir haben keinen anderen.

© Monika S. Paseka 2021-05-24

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