von Christine Amon
Mein Mann und ich besitzen unzählige Bücher über Bäume. Manche haben wir selber gekauft, andere wurden uns geschenkt. In jedem Buch erfahre ich etwas Neues. Aber die wirklich interessanten Fakten stehen nicht in den Büchern, auch nicht im Internet – die erzählen uns unsere Kunden!
„Hast du gewusst, dass der Faulbaum Elektrosmog abhält?“, fragt mich mein Mann. Na ja, der Faulbaum ist ökologisch sehr bedeutsam, einer der wichtigsten Gehölze für den Zitronenfalter, der auf seinen Blättern die Eier ablegt, weil diese den Raupen als Nahrung dienen. Aber dass er Elektrosmog mildern kann – das habe ich noch nie gehört. „Hat mir ein Kunde erzählt“, meint Fred.
Der Faulbaum ist tatsächlich ein höchst interessantes Gehölz, trotz seines eher unscheinbaren Aussehens. Im Sommer erkennt man ihn am besten daran, dass er gleichzeitig Blüten und Früchte trägt, die Früchte sogar in verschiedenen Reifestadien. Das liegt daran, dass er von allen heimischen Gehölzen die längste Blütezeit hat. Allerdings sind die Blüten nicht besonders attraktiv (entschuldige, lieber Faulbaum, für meinen Geschmack ist das halt so – aber die Zitronenfalter sehen das eh ganz anders und die sind dem Faulbaum sowieso wichtiger als meine Meinung). Auch die Bienen sind hocherfreut, über eine lange Periode verlässlich Nahrung zu finden.
Eigentlich ist er gar kein Baum, sondern ein großer Strauch. Warum er so einen Namen hat, bemerkt man erst, wenn man seine Rinde verletzt. Dann beginnt er nach fauligem Holz zu stinken. Dieser Geruch soll ihn gegen Wildverbiss schützen, das heißt, den Rehen wird gleich speiübel, kaum haben sie zu knabbern begonnen. Eine sehr schlaue Strategie der Natur – Tannen muss man mühsam mit einem Wildverbissmittel anstreichen zum gleichen Zweck.
Wir haben seit 20 Jahren den Faulbaum in unserem Forstgarten und mir ist das mit dem unangenehmen Geruch noch nie aufgefallen – das bedeutet also, dass der wirklich nur angewendet wird zur Verteidigung. Es gibt schon Gehölze, die ich am Geruch erkenne, etwa die Steinweichsel, aber den Faulbaum erkenne ich eher an seinen Wurzeln. Die haben so eine schöne Farbe – etwa so wie meine Haare, wenn ich frisch vom Friseur komme. Irgendwie muss man sich ja helfen, um die wurzelnackten Gehölze ohne Blüten, Blätter und Früchte schnell zu erkennen – so wie den Kreuzdorn, den erkenne ich auch an seinen schwarzen Wurzeln.
Zur Geschichte mit dem Elektrosmog: … in der Natur kenne ich nur einen Standort, wo der Faulbaum wild vorkommt. Und das ist ausgerechnet in der Nähe einer Hochspannungsleitung, dort surrt es wirklich gewaltig. Die Familie, die in der Nachbarschaft dieser Hochspannungsleitung lebt, erfreut sich bester Gesundheit. Gut, sie leben natürlich und bodenständig, haben eine gesunde Lebenseinstellung – aber wer weiß: Vielleicht hat ja doch der Faulbaum seine Hände – äh Zweige – mit im Spiel!
© Christine Amon 2020-10-11