„Veronika, der Lenz ist da. Die Mädchen singen tralala. Die ganze Welt ist wie verhext. Veronika, der Spargel wächst…“
Noch so ein genialer Schnellschuss! Der Textdichter Fritz Rotter und der Komponist Walter Jurmann warteten im Büro der Plattenfirma Ultraphon in Berlin auf den Produzenten Herbert Grenzebach. Als er endlich kam, sang Jurmann sichtlich erfreut: „Wer kommt denn da? Der Grenzebach!” Dieser witterte in den acht Tönen sofort Erfolgspotential und meinte: „Das ist eine Melodie. Da müssen Sie was daraus machen!“ Die zwei ließen sich nicht lange bitten. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt. Die Comedian Harmonists , die erste Boy-Group der Welt, machten das Lied zu einem Jahrhundert-Hit. Das war 1930. Welche Dame namens Veronika den Textdichter zu den heiter-frivolen Zeilen inspiriert hat, ist allerdings bis heute ungeklärt.
Fritz Rotter, geboren am 1. März 1900 in Wien, hatte sich bereits in der Szene einen Namen gemacht, als er den ehemaligen Medizinstudenten und Barpianisten Walter Jurmann kennenlernte. Er schlug ihm vor, mit ihm zusammenzuarbeiten und nach Berlin zu übersiedeln. Bereits das erste gemeinsame Lied „Was weißt denn du, wie ich verliebt bin“, gesungen von Startenor Richard Tauber, wurde ein durchschlagender Erfolg. Fritz Rotter hatte nicht nur eine überbordende Lust am Nonsens, sondern auch einen Hang zur Galanterie, wie das Lied „Ich küsse Ihre Hand, Madame!“ beweist. Auch das machte Richard Tauber zu einem Kassenschlager.
An die 1200 Lieder gehen auf das Konto des Vielschreibers. Lieder, die heute noch unvergessen sind, sind „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“, „Was macht der Mayer am Himalaya?“ und I“ch hab’ mir für Grinzing einen Dienstmann engagiert“. Außerdem verfasste er Libretti für Operetten und Revuen, Bühnenstücke und Drehbücher sowie Romane und Gedichte und war auch als Komponist tätig.
Die Machtübernahme Hitlers bedeutete das brutale Aus für Rotters Karriere. Er flüchtete mit Frau und Kind über Paris und London in die USA. Über sieben dürre Jahre musste er überstehen, ehe sich wieder der Erfolg einstellte. Mit einem Bühnenstück, dem Kriegsdrama „Letters to Lucerne“, landete er auf dem Broadway in New York einen Triumph. Mit dem Film „September Affair“ schaffte er den Sprung nach Hollywood. Dem Filmproduzenten Erich Pommer gelang es, Fritz Rotter, wieder nach Deutschland zu holen.
Nach seiner Rückkehr konnte er nicht mehr an die früheren Erfolge anknüpfen. Mit Schlagern wie „Ich soll dich grüßen von Berlin“ und „Ich möchte gern ein Beatle sein“ war kein Blumentopf zu gewinnen. 1966 geriet ein Lied, das Freddy Quinn interpretierte, in die Negativ-Schlagzeilen. „Wir“, so der Titel, war als Sozialkritik an der herumgammelnden Jugend gedacht. Die vernichtenden Reaktionen musste Freddy aushalten.
Seinen Lebensabend verbrachte Fritz Rotter zurückgezogen im Tessin, wo er am 11. April 1984 starb.
© 2020-11-23